Genussradeln und Partynacht

750 Jahre Meißenheim

Meißenheim in der Ortenau feiert 750-jähriges Bestehen mit Genussradeln, Partynacht und einigem mehr .

Meißenheim? Selbst ein gebürtiger Freiburger muss überlegen, wo dieser Ort liegt und wie man dahin kommt. Dabei ist Meißenheim, das in diesem Jahr sein 750-jähriges Bestehen feiert, fast so alt wie Freiburg. Im Ried, zwischen Schwanau und Neuried, nicht weit vom Rhein und 15 Kilometer nordwestlich von Lahr liegt der Ort mit seinen 2500 Einwohnern, wozu nochmal 1500 Einwohner des Ortsteils Kürzell kommen.

Meißenheim wurde 1267 erstmals urkundlich erwähnt, war erst Besitz der Geroldsecker, lange mehr oder weniger mit Straßburg verbunden und ist seit 1805 badisch. Wie bei allen Dörfer im Ried, der Landschaft entlang der Altrhein-Arme, dominiert im Ortsbild das Fachwerk mit charakteristischen schmalen Vordächern über den Fenstern auf der Wetterseite des Giebels. Unübersehbar auch die hohen Scheunen, in denen einst der Tabak für die "Roth Händle" aus der Badischen Tabak-Manufaktur getrocknet wurde.

Besonders idyllisch fließt der Mühlbach durch den Ort. Auch Pferden und Kutschen begegnet man in Meißenheim regelmäßig. "Wir sind in der Pferdewelt so bekannt wie Warendorf", erklärt ein stolzer Meißenheimer dem staunenden Besucher aus Freiburg. Kein Wunder: Der Ort mit seinen beiden Reit- und Pferdefreundevereinen ist Zentrum des deutschen Kutschensports. Auf dem Fahrstall am Ortsausgang kann man unter anderem den Kutschenführerschein machen – bei Wolfgang Lohrer, dem Bundestrainer der Ein- und Zweispänner.

Unübersehbar und ganzer Stolz Meißenheims ist die schmucke Barock-Kirche. Unüberhörbar am Sonntag und bei Konzerten ist die wertvolle Silbermann-Orgel, auf der schon Albert Schweitzer gespielt hat. Der Bau der Kirche verschlang die enorme Summe von 17 000 rheinischen Gulden – und das bei gerade mal 800 Einwohnern im 18. Jahrhundert. Das Ergebnis ist ein im Inneren ungewöhnlich reich ausgestattetes evangelisches Gotteshaus. Auch bei der Orgel sparten die Meißenheimer nicht und bestellten ein Instrument bei Johann Andreas Silbermann, der gerade die Orgel für den Dom in St. Blasien gebaut hatte.

Hinter der Kirche, die im vergangenen Jahr ihren 250. Geburtstag feiern konnte, erinnert das Grabmal von Friederike Brion an Goethes Jugendliebe, die 1813 dort ihre letzte Ruhe fand. "Ein Stral der Dichtersonne fiel auf sie, so reich, daß er ihr Unsterblichkeit lieh!", steht auf dem Grabstein. In Meißenheim trägt die Schule den Namen der unsterblichen elsässischen Pfarrerstochter.

Wer mit Pferden nichts im Sinn hat und auch keinen Kutschen-Führerschein braucht, findet in der Umgebung genügend Freizeitvergnügen: Da locken Baggerseen mit Badestrand, der Rheinradweg ist auch für weniger sportliche Radler gut zu meistern, und bei guter Fernsicht ist vom "Münsterblick" oder "Vue sur la Cathédrale" aus der Turm des 30 Kilometer entfernten Straßburger Münsters auszumachen. Zu Fuß geht’s durch das Naturschutzgebiet Salmengrund. Im Kanu können Besucher die Altrheinarme oder das nahe Naturschutzgebiet Taubergießen erkunden.

Mancher Gast, der schon einmal in Meißenheim übernachtet hat, dürfte den Ort dank eines großen Wohnmobilstellplatzes kennen, der von dem Familienunternehmen Junglas-Design betrieben wird. Auf dem gut besuchten Platz kommen im Normalbetrieb 26 Mobile unter, bei Bedarf, etwa bei Clubtreffen, können es dank einer großen Wiese zwischen mehreren Pferdekoppeln an die 200 Wohnmobile werden. Passend zum Ortsjubiläum wurde der Womopark Ortenau in der Fachzeitschrift promobil zum Stellplatz des Monats gekürt. Direkt gegenüber steht ein futuristisches Gebäude, das die Einwohner Meißenheims "Ufo" nennen. Das ehemalige Verwaltungsgebäude eines insolventen Stahlbau-Unternehmens ist das neue Rathaus. Zwischenzeitlich diente es dem SWR für Dreharbeiten zu einem Tatort.

Gefeiert wird das Jubiläum angemessen: Am Sonntag, 30. April, geht es richtig los mit einem Tanz in den Mai im alten Rathaus. Am Sonntag, 28. Mai, startet das ganztägige Genussradeln und abends steigt die Partynacht in der Festhalle. Familienfest und Kulturnacht folgen im Lauf des Jahres. Wer sich davon überzeugen will, dass tatsächlich "eine der 100 wertvollsten Orgeln der Welt", so die Einschätzung von Liebhabern der Königin der Instrumente, in Meißenheim steht, muss sonntags den Gottesdienst mit Pfarrer Heinz Adler besuchen, da in den nächsten Monaten kein spezielles Konzert geplant ist. Beginn in der Regel um 10.15 Uhr, am 30. April bereits um 9.30 Uhr.

Weitere Infos gibt’s unter http://mehr.bz/meis
von Rolf Müller
am Fr, 21. April 2017

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