Musik

A-cappella-Quartett Les Brünettes nimmt Beatles-Album in den Abbey-Road-Studios auf

Wenn schon, dann richtig. Deshalb sind Les Brünettes während der Vorbereitung für ihr Beatles-Album „Close Up“ tief in die Geschichte der Band eingetaucht.

Um dem Thema gerecht zu werden, hat das A-cappella-Quartett zwei Jahre recherchiert, alle Alben gehört, die komplette "Anthology"-Dokumentation geschaut, Interviews und Artikel gelesen. Und weil Julia Pellegrini, Lisa Herbolzheimer, Juliette Brousset und Stephanie Neigel ihre Platte dann auch in den Studios einsingen wollten, in denen fast alle Singles und Alben der Fab Four entstanden, gingen die vier ins Risiko. Machten erst den Mietvertrag für die Londoner Abbey Road klar und kümmerten sich dann ums liebe Geld. Am 11. November startete die Finanzierungskampagne. Vier Wochen später hatten 172 Unterstützer 21 567 Euro zugesagt. Genug, um das Studio zu bezahlen und in Liverpool, der Geburtsstadt der Beatles und in Hamburg, dem Schauplatz früher Bewährungsproben, auf Spurensuche zu gehen.

"Von außen wirken die Studios relativ unspektakulär", erzählt Pellegrini, die gebürtige Emmendingerin. "Aber drin eröffnet sich der ganze Abbey-Road-Kosmos." Beeindruckende Aufnahmeräume, aber trotzdem eine familiäre Stimmung, an den Wänden Fotos von Ella Fitzgerald bis Lady Gaga bei der Arbeit, dazu das Vermächtnis von John, Paul, George und Ringo. "Ein Herr, der noch mit den Beatles aufgenommen hat, hat eine Führung gemacht", zeigte die Räume und die damals verwendeten Geräte. "Das alles hat uns eine wahnsinnige Energie gegeben", sagt Pellegrini. "Und: Wir haben durch die Originalmikrofone der Beatles gesungen. Da war dann alles vorbei. Das hätten wir uns nicht träumen lassen."

"Close-Up" – "Nahaufnahme" – heißt das Album. Ganz nah dran waren die Brünettes auch, weil ihre Platte im Studio Two entstand, Schauplatz vieler Beatles-Sessions. 13 Songs sind auf "Close-Up". "Mit der Morgensonne" und "Monsieur Guido" stammen von Herbolzheimer beziehungsweise Broussett, sie wurden von "She’s Leaving Home" und "The Fool On The Hill" inspiriert. Dazu kommt Neigels "Losing". Pellegrini selbst hat Yoko Onos "Yes I’m A Witch" für das Ensemble arrangiert. Ihre soulig-poppige Eigenkomposition "Ono" erzählt von der während der Recherche entfachten Faszination für die Künstlerin, Lennon-Witwe und ihrer Rolle als Feindbild vieler Fans der Beatles.

Zeigen die eigenen Songs, was die Beatles vier Musikerinnen von heute noch zu sagen haben, bestand die Herausforderung bei den Originalen wie immer in der eigenen Note. "Blackbird" singen Les Brünettes langsamer, die Luftigkeit des Vorbilds macht einer schwebenden Feierlichkeit Platz. "Lady Madonna" beginnt sakral bis Broussetts Sopran das Tempo zurückbringt. Verzerrte Stimmen und ein akzentuiert-vertracktes Arrangement übersetzen die aggressive Grundstimmung von "I Want You" ins A-cappella-Genre. Ob "Give Peace A Chance" als Zwischenteil von "The Ballad Of John & Yoko" unbedingt brasilianisch klingen muss? Geschmacksache. Dafür demonstrieren "Let It Be" und "Imagine" sehr schön die Macht leiser Töne – zwei Beispiele dafür, wie Les Brünettes an die Beatles herangehen: kreativ, inspiriert und – bei allem gebotenen Respekt – um die eigenen Stärken wissend.

Les Brünettes: The Beatles Close-Up (Herzog Records). Konzerte: Freiburg, Jazzhaus, Do, 4. Mai, 20 Uhr.
von Peter Disch
am Mi, 03. Mai 2017

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