Interview

Aaron Eckhart über Clint Eastwoods Drama "Sully"

TICKET-INTERVIEW: Aaron Eckhart über Tom Hanks, Clint Eastwood und den Traum vom Fliegen.

Längst spielt Aaron Eckhart (48) in der obersten Liga Hollywoods mit, auch wenn er sich oft mit der zweiten Geige zufrieden geben muss. So auch in Clint Eastwoods Drama "Sully" über die Notlandung eines Flugzeugs im New Yorker Hudson River im Jahre 2009. Tom Hanks spielt den Kapitän, Eckhart nur den Co-Piloten im Hintergrund. Seine größten Erfolge feierte der Kalifornier mit dem Actionkracher "Olympus Has Fallen" als kämpferischer US-Präsident und als schurkischer Two-Face in der Comicverfilmung "The Dark Knight". Markus Tschiedert traf ihn zum Interview in Paris.

Ticket: Wie verlief Ihr Treffen mit dem echten Co-Piloten Jeff Skiles?
Aaron Eckhart: Jeff ist im Gegensatz zu dem stets akkuraten Kapitän Sullenberger – von allen Sully genannt – ein entspannter Typ, der ständig Witze erzählt. So wollte ich ihn auch darstellen, was den Film ein bisschen auflockert. Jeff ist ebenfalls ein qualifizierter Pilot und Kapitän. An jenem Tag, als das Unglück geschah, saß er das erste Mal in einem Airbus A320, für den er gerade das Training absolviert hatte. Er war für den Start verantwortlich und geriet dabei in einen Vogelschwarm. Es wäre fast zur Katastrophe gekommen, die Sully und er aber mit der Notlandung im Wasser verhindern konnten.
Ticket: Allerdings wurde danach nur Sully als Held gefeiert...
Eckhart: Das stimmt, von Jeff war fast nie die Rede. Mich interessierte: Wie fühlt sich Jeff dabei? Er sagte mir, er habe schnell verstanden, dass die Medien nur ein Gesicht für ihre Berichterstattung brauchten, und das war das von Sully. Also trat Jeff in den Schatten, obwohl auch er an der erfolgreichen Landung beteiligt war. Ich kann nicht sagen, wie er sich gefühlt hat, so wenig von den Medien beachtet zu werden. Im Gegensatz zu Sully kam er nie ans Filmset. Gewiss hat er nicht so viel von der ganzen Sache partizipiert wie Sully, zumindest ist das mein Eindruck.
Ticket: Fühlen Sie sich jetzt nicht auch ein bisschen im Schatten von Tom Hanks, der nicht nur Sully spielt, sondern auch als der große Star des Films vermarktet wird?
Eckhart: Sicherlich – ich meine, er ist Tom Hanks! Es ist wichtig, im Film wie im richtigen Leben, seine Rolle zu kennen und zu wissen, wo man steht. Ich konkurriere keinesfalls mit Tom! Er ist im Filmgeschäft sehr mächtig. Er ist nicht nur ein Star, sondern produziert und entwickelt Stoffe und beeinflusst damit unser Denken über Filme. Clint Eastwood, der "Sully" inszeniert hat, ist ebenfalls eine große Nummer im Filmgeschäft – ich nicht.
Ticket: Leiden Sie darunter?
Eckhart: Ich sehe mich nur als Schauspieler und habe gar nicht das Bedürfnis, eine große Stimme zu haben. Das ist die Rolle von Tom, weshalb man sich immer erst auf ihn stürzen würde.
Ticket: Aber Sie haben doch auch schon etliche Hauptrollen gespielt?
Eckhart: Ja, aber nicht mit dem gleichen Erfolg wie Tom. Das ist für mich okay. Die Leute wissen auf Anhieb, wer Tom und wer Clint ist, und es braucht viel Talent und Tatkraft, um zu erreichen, was den beiden gelungen ist. Für mich ist es einfach nur ein Privileg, dass ich mit ihnen arbeiten durfte.
Ticket: Was war das für ein Gefühl, plötzlich im Cockpit eines riesigen Passagierflugzeuges zu sitzen?
Eckhart: Für diesen Film wurde ein Airbus A320 komplett zerlegt, nach Los Angeles verschifft und wieder zusammengebaut. Als dann im Pool des Filmstudios eine echte Maschine schwamm, war das ein unglaublicher Anblick. Ich wollte gar nicht mehr zu meinem Wohnwagen zurück, sondern so oft wie möglich im Cockpit sitzen, um wieder und wieder alles durchzuspielen.
Ticket: Sie haben selbst einen Flugschein und waren vom Fliegen offenbar schon immer fasziniert...
Eckhart: Ja, ich liebe die Vorstellung, die Mechanik kontrollieren zu können und zu verstehen, wie Luft über die Flügel zirkuliert und welche Macht, aber auch Freiheit das verleiht. Geografisch gesehen wird unsere Welt immer kleiner. Was uns also bleibt, ist in die Höhe zu gehen, und mit diesem Gefühl wollte ich mich vertraut machen.

von tsc
am Fr, 02. Dezember 2016

Info

SULLY

Regie: Clint Eastwood
Mit Tom Hanks, Aaron Eckhart, Laura Linney, Sam Huntington und anderen
96 Minunten, frei ab 12 Jahren

Die Story

Am 15. Januar 2009 muss der Airbus A320 auf dem Hudson River in New York notlanden. Die beiden Piloten Chesley B. Sullenberger (Tom Hanks) und Jeff Skiles (Aaron Eckhart) konnten das Schlimmste verhindern, alle Passagiere überleben. Dennoch müssen sie ihr Handeln rechtfertigen...

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Autor: bz

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