Abstraktes in Kneipen-Atmosphäre

Die Künstlerin Isabell Scharfschwerdt stellt bis Ende April ihre Werke im Denzlinger Roccafé aus.

DENZLINGEN. "Es muss einfach raus." Mit diesen vier Worten beschreibt Isabell Scharfschwerdt ihr Gefühl, wenn sie sich ans Malen macht. Mehr ein Empfinden als eine Idee gebe ihr den Anstoß, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Auch wenn sie als Inspiration gelegentlich auf eigene Fotos zurückgreift. Ein knappes dutzend Ergebnisse dieses spontanen, auf Leinwand gebannten Fühlens, zeigt die Friesenheimerin noch bis Ende April im Denzlinger Roccafé.

Kreativität begleitet die 51-Jährige zeit ihres Lebens. Schon als Kind, als Jugendliche habe sie sich mit Malerei, aber auch anderen gestalterischen Techniken befasst. Von 1994 bis 2014 hatte sie gemeinsam mit ihrer Schwester eine Töpferwerkstatt, in der sie auch mit anderen Materialien arbeitete. Vielfalt kennzeichnet das Schaffen der Webdesignerin, die beim Malen mit Acryl, Aquarell, Pastell und Ölfarben arbeitet, aber auch mal zum Brandkolben greift, um auf Holz Motive zu zeichnen.

Der Kontakt zum Roccafé entstand über ihre Tonarbeiten. "Ich habe für das Café Windlichter gemacht und schon früh gedacht, dass die besondere Atmosphäre sich gut eignet, um Bilder von mir zu zeigen", erzählt Scharfschwerdt. Ausgewählt hat sie nun elf Bilder in Acryl mit überwiegend abstraktem Charakter, in die sie jedoch auch Gegenständliches einfließen lässt.

Spielerischer Umgang mit Formen und Materialien

Am deutlichsten zeigt sich das bei ihrem größten Werk, das sie der Zeit widmet. Klar zeichnet sich ein Ziffernblatt ab. Es ist fünf vor zwölf, die Ränder verschwimmen, fließen über in ein Umfeld, das zwischen Licht und Dunkel diffus bleibt. Unten ein Vierzeiler – Scharfschwerdt ist auch auf dem Feld der Lyrik kreativ –, der dem Betrachter eine klare Interpretationsvorlage gibt: Die Zeit vergeht unaufhaltsam, aber gestalten ist möglich. Damit wird sich die Künstlerin ein bisschen untreu, denn mit ihren Bildern will sie eigentlich "einladen zu entdecken, was jeder für sich in ihnen erkennt". Gerade deshalb wähle sie die Abstraktion, sagt Scharfschwerdt. Jeder Betrachter soll sich fragen, wie das Bild auf ihn wirkt, ohne Vorgaben zu haben. Was sie, bis auf die Betitelung, bei den weiteren zehn ausgestellten Arbeiten konsequent durchhält.

So verschwimmen die skizzierten, menschlichen Figuren in weiteren Bildern eher in der nebulösen Gesamtkomposition. Das Reptil, das Scharfschwerdt in ein türkislastiges Farbkonzept platziert, ist mit seinem sehr naturalistischen Charakter nicht Hinweis, sondern eher Provokation. "Na Du?" scheint es den Betrachter herausfordernd zu fragen, was er denn nun denkt oder fühlt, so von Angesicht zu Angesicht.

Spielerisch geht Scharfschwerdt mit der Formensprache um. Mal fließen die überwiegend eher dezenten, niemals schreienden Farbflächen ineinander, dann greift die Künstlerin auf klare grafische Elemente wie Rechteck, Kreis und Spirale zurück. Spielerisch wirkt auch ihr Rückgriff auf andere Materialien. Um die Leinwand gewickelte Schnur gibt Kontur, ein kleiner Streifen rostigen Lochblechs lässt Goldpunkte aufblitzen. Ziemlich konsequent bleibt sie dagegen bei der Wahl ihrer Formate: Ihre Arbeiten sind zumeist quadratisch. Weiten sie sich zum Rechteck aus, so nur dezent. Die Proportionen bleiben in einem nie Extreme auslotenden Verhältnis und wirken von daher einladend, aber heischen nicht nach Aufmerksamkeit. In einer Kneipe eine durchaus angenehme Wahl, was jedoch für die Hängung nicht immer gilt. Gerade die kleineren Formate, über Wandstrahlern platziert, verlangen den Blick nach oben. Auf Augenhöhe hängt Kunst besser.
von Markus Zimmermann
am Di, 03. März 2020

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