Aus dem Alltag raus: In alte Zeiten

Führungen in Waldkirch bieten für Jung und Alt Spaß, Abwechslung und quasi im Vorbeigehen ein Stück Stadtgeschichte.

WALDKIRCH (hbl). Geschichte auf eine neue, unterhaltsame Weise erlebbar machen – das ist das Ziel einer Gruppe Waldkircher, die "gewandete Stadtführungen" anbietet. Der Türmer bläst in sein Horn und bittet den Torhüter vor dem Burggraben um Einlass für das niedere Volk. Des Torwächters Weib erklärt mit spitzer Zunge die Stadthistorie, während sie in Gassen und Winkel führt und dort überall auf merkwürdige Zeitgenossen trifft.

Sie waren damals bei den Ersten, die eine Stadt- und Geschichtsführung durch eine Person der Zeitepoche erlebbar machten. 2002 trat in Waldkirch erstmals der "Türmer" ins Rampenlicht, um die Geheimnisse der Kastelburg zu lüften. 2006 wurde des "Torwächters Weib" entwickelt, um die Geschichte der mittelalterlichen Stadt lebendig werden zu lassen. Dabei haben sich ehrenamtlich agierende Bürger zusammengefunden, um im Auftrag der Stadt interessierten Einwohnern und den Gästen die lange und wechselvolle Geschichte von Waldkirch und der um 1250 gebauten Kastelburg näher zu bringen. Gewählt wurde jeweils eine Leitfigur, die, entsprechend angezogen, durch das jeweilige Zeitgeschehen führt.

Damit und durch eine gewisse Dramaturgie, eine spezielle Sprache und Begegnung mit weiteren Zeitgenossen versprachen sich die damaligen Ideengeber eine kurzweilige, unterhaltsame Art der Geschichtsvermittlung. Die etwas andere Art einer Führung sollte Spaß machen, die Teilnehmer auch mal zum Lachen anregen und dennoch historisch fundiert sein. Dass dies immer wieder gelingt, zeigen die Reaktionen der Gäste. Aber auch die Akteure rund um die Familie Kern und Mitglieder des Fanfarenzugs Schwarzenberger Herolde haben Lunte gerochen. Die Führungen wurden ständig weiter entwickelt und es stoßen immer wieder neue Figuren dazu.

Einmal monatlich streift Barbara Kern für etwa zwei Stunden das Gewand und Barett von des Torwächters Weib über, setzt den geflochtenen Korb auf ihren Rücken und läuft dann zur Hochform auf. Dann geht es zurück bis in die Zeit der Klostergründung im Jahre 918 und nach und nach durch die Geschichte der Stadt bis ins 16. Jahrhundert.

Einmal monatlich geht die Verwandlung vonstatten

Vor dem Elztalmuseum steht plötzlich Balthasar Merklin. Der wurde 1508 nicht nur zum Propst von Waldkirch ernannt, sondern 1527 sogar zum Reichsvizekanzler. In der Führung wird er durch Thomas Kern verkörpert, der später auch noch als Türmer auftritt. Ein zunächst etwas schläfriger Wächter der Küchlinsburg ist die nächste Bekanntschaft, genauso wie ein Bader und ein Nachtwächter. Vorbei geht es an markanten und weniger bekannten Ecken, wie einer "versteckten" Stadtmauer, und entlang des Gewerbekanals. Des Torwächters Weib führt geschickt durch die mittelalterliche Stadt. An 500 Jahren blühendem Edelsteingewerbe geht kein Weg vorbei, leibhaftig trifft der Edelsteinschleifer auf die Gäste. Was es mit der Hexenverbrennung, Kaiser Karl V. und Julius Cäsar zu tun hat, das erzählt Barbara Kern auf dem Marktplatz.

Zwei Wochenendduelle mit der Burgwache

Etwas aufwändiger und etwas länger sind die Türmerführungen und dennoch sind alle überrascht, wie schnell die vier Stunden vorbeigehuscht sind. An zwei Wochenenden lädt der "Türmer" (Thomas Kern) zur Kastelburg ein, wo der Torhüter die Eindringlinge mit einem strengen Blick würdigt. Mit Fanfarenklängen, Kanonenvorführung sowie vorbei an der kämpfenden Burgwache werden sie in die Burg gelassen. Die Burgköchin gibt im nächtlichen Zauber unter dem geschützten Zelt einen Einblick in das Burgleben und vor allem in die Sitten und Bräuche rund um den Kochtopf und das Essen, das doch anders war als heute. Zwei Spielleute überraschen mit ihren historischen Musikinstrumenten. Mit einem romantischen Rückweg durch den dunklen Kastelbergwald endet, natürlich mit Laternenlicht, die Türmerführung.

Für alle, die nicht gut zu Fuß sind, gibt es am 30. Juli eine einmalige Gelegenheit: "Mit dem Bus zur Burg". Mit dem Rother-Bus werden die Teilnehmer hochgefahren, wo sie dann das "normale" Programm mit der Türmergruppe erwartet.

Zum Familiennachmittag wird am 3. September eingeladen. Auf dem Marktplatz erwartet der Türmer die Kinder, die gerne als Ritter, Knappe oder Burgfräulein gekleidet mit auf die Kastelburg dürfen. Höhepunkt wird der Kampf gegen die Burgwache sein, um diese in die Flucht zu schlagen und die Kastelburg zu erobern. Als Lohn werden die Jungens und Mädchen zum Ritter geschlagen.

Termine mit des Torwächters Weib: jeweils Freitag um 19 Uhr am 14. Juli, 25. August, 22. September und 13. Oktober. Treffpunkt Kirchplatz 2. Kosten: 7 Euro (4 Euro für Jugendliche, Kinder frei).

Termine mit dem Türmer: Nachtführung am Freitag/Samstag, 28./29. Juli, 1./2. September, um 19.30 Uhr (14 Euro). – Mit dem Bus zur Burg am Sonntag, 30. Juli, um 13 Uhr (15 Euro). Für Familien: am Sonntag, 3. September, um 13 Uhr (35 Euro Familienbeitrag).

Anmeldung: Tourist-Information Waldkirch, Marktplatz 1-5 (Rathaus), Tel. 07681/19 433, E-Mail: touristinformation@stadt-waldkirch.de, http://www.stadt-waldkirch.de
von hbl
am Sa, 08. Juli 2017

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