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Ausreichend Platzmangel

Christian Engel
  • Do, 02. März 2017
    Sportpolitik

Trainingszeiten in Sporthallen sind begehrt, denn vielerorts gibt es nicht genug davon / Wie ist die Situation in Offenburg, Freiburg und Lörrach?.

FREIBURG. Sonja wartet. Sie lässt Lena vorbei, die Anlauf nimmt und kurz darauf mit einer Hocke über einen Kasten springt. Dann darf Sonja noch mal warten, bis Saskia ihren Flickflack abgeschlossen hat. Danach überquert Sonja die Matte, läuft im Zickzack an Schülerinnen vorbei, die darauf warten, auf dem Schwebebalken ihre Übungen zu turnen.

Als es Sonja Bammert bis zum Hallenrand geschafft hat, klopft sie sich die Hände an der Hose ab. Magnesiumwölkchen wirbeln durch die Luft. Die 37-Jährige trinkt, schaut dabei in die Halle des Freiburger Walter-Eucken-Gymnasiums. Dort trainieren die Turner des PTSV Jahn. Fast jeden Abend. Manchmal sind 60 Sportler da. Jungen und Mädchen hüpfen, Jugendliche schlagen Räder, schwingen an Ringen. Alles zur selben Zeit. Im selben Raum. "Fast unmöglich", sagt Bammert. "Aber wir haben uns daran gewöhnt."

Ausweichmöglichkeiten suchen, mit Gegebenem leben – das ist Sportlern bekannt, die im Winter in die Halle müssen. Die Hockeyspieler von 1844 Freiburg haben eine Hallenzeit pro Woche, die zweite Einheit besteht aus Liegestützen und Sit-ups auf dem Kunstrasen. Auch die Handballer der HSG Freiburg sind mit ihren Kapazitäten in der Gerhard-Graf-Halle an der Grenze. "Wir hätten gern ein viertes Frauenteam", sagt Bernd Däschle, "aber das ist wohl nicht drin." Teams des SVO im Stadteil Rieselfeld müssen das Training absagen oder in andere Hallen ausweichen, weil es in ihren eigenen zu wenige Zeiten gibt. Die Volleyballer wollen öfter trainieren, die Fußballer im Winter rein, die Turner mehr Raum. "Wir platzen bald aus allen Nähten", sagt Liane Markus von der Geschäftsstelle.

In Offenburg scheint die Situation entspannter zu sein. 24 Sporthallen stehen in der Kreisstadt, die in der Vergangenheit kluge Entscheidungen für die Zukunft getroffen habe, wie Dieter Roth vom Sportkreis sagt. 1,3 Millionen Euro gibt die Stadt nach eigenen Angaben jährlich für Hallen aus. In den vergangenen zehn Jahren baute sie zwei neue, sanierte neun. Den Bau eines Sportbads unterstützt die Stadt mit 36,5 Millionen Euro.

Auf ein Gebäude sind viele Offenburger stolz: die Rüdiger-Hurrle-Halle. Die Leichtathletik-Halle wurde vor fünf Jahren für 1,5 Millionen Euro gebaut: 140 Meter Laufstrecke, fünf Bahnen, ein Tor, das sich öffnen lässt, um Speere von drinnen nach draußen zu schleudern. Eine fantastische Investition, findet der Sportwart der Leichtathletikgemeinschaft. Werner Daniels berichtet von Spitzensportlern aus dem Elsass und Talenten aus Süddeutschland, die weite Wege auf sich nehmen, um hier trainieren zu können.

In Lörrach-Brombach kämpfen sie seit 20 Jahren für eine neue Halle. Handballerinnen des TV müssen für ihre Heimspiele in die Lörracher Wintersbuckhalle ausweichen. Dafür hat der Drittligist eine Ausnahmegenehmigung, weil die Auslaufzone hinter dem Tor zu kurz ist. In einer höheren Liga würde der Verband das nicht dulden – dort, wo der Verein gerne mal auflaufen würde. Die Stadt hat ihren Segen für einen Neubau gegeben. Neun Millionen kostet das Projekt. Einige Bürger seufzen, die Handballer klatschten vor Freude in ihre verharzten Pranken.

Lörrach sei gut aufgestellt, was Hallen betreffe, sagt Manfred Sütterlin, Vorsitzender der Interessensgemeinschaft für Lörracher Sportvereine (IGTS). Die Stadt steckt jährlich 700 000 Euro in die Sanierung, zudem hat sie in den vergangenen zehn Jahren drei neue Hallen gebaut. 20 Sporthallen könnten genutzt werden, teilt das Rathaus mit.

Die Freiburger Eishockeygemeinde träumt schon lange von einer besseren Hallensituation. Die Franz-Siegel-Halle kränkelt mit ihren 47 Jahren. Ein Neubau kostet wohl zwischen 25 und 30 Millionen Euro, einen realisierbaren Vorschlag soll es laut Stadt deutlich vor dem Ablauf der Betriebserlaubnis im Jahre 2024 geben. "Unser Niveau könnte dank neuer Halle besser sein", sagt Werner Karlin, Vorsitzender des EHC. "Vereine, die über eine bessere Hallensituation verfügen, sind auch in der Liga stärker."

Andere Vereine sehen das genauso. Sein Team habe Potenzial für mehr, sagt Tobias Wagner von den 1844-Hockeymännern. "Aber mit nur einer Trainingseinheit pro Woche können wir nicht besser werden." Liane Markus vom SVO Rieselfeld sagt, ihr Verein könne sich nicht weiterentwickeln. "Die Stadt hat es versäumt, längerfristig zu denken und zu investieren", sagt Liane Markus.

Das Freiburger Gebäudemanagement vermietet aktuell 58 Schulsporthallen an Sportvereine, hinzu kommen Mehrzweckhallen in den Ortsteilen, die sie selbst verwalten – und private Sporthallen. Eine neue Sporthalle soll in Freiburg bald an der Bissierstraße in Betrieb gehen. Insgesamt sieht sich das Sportreferat, das jährlich 600 000 Euro für Sanierung oder Neubau ausgibt, "als partiell unterversorgt bei großen Hallen, die sich für Sportarten mit großem Flächenbedarf und Höhenanspruch eignen." Gemeint sind beispielsweise Handball, Volleyball, Basketball oder Badminton.

In ein Großprojekt will die Stadt bald investieren. Die geplante Halle der Freiburger Turnerschaft wird sie nach eigenen Angaben voraussichtlich mit drei Millionen Euro bezuschussen. Die Volleyballer könnten davon profitieren – und den Sprung in die Erstklassigkeit wagen. Die neue Halle soll eine Deckenhöhe von neun Metern haben, was der Verband für die erste Liga fordert. Zudem kann die Abteilung durch mehr Zuschauerplätze mehr Geld einnehmen. Die neue Halle bringt Volleyball in Freiburg voran, glaubt Trainer Wolfgang Beck.

Von einer eigenen Halle träumt auch Sonja Bammert. Die Turnerin des PTSV Jahn schwärmt von Herbolzheim, wo es ein Trainingszentrum ausschließlich für Turner gibt. Vor 35 Jahren hat sie beim PTSV mit Turnen angefangen. Seitdem sei die Hallensituation unverändert, erzählt sie.

Alle Serienbeiträge finden Sie unter: http://mehr.bz/badeninbewegung

Ressort: Sportpolitik

Dossier: Baden in Bewegung

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Do, 02. März 2017: PDF-Version herunterladen

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