Kulturgeschichte

Ausstellung zum Werdegang der Offenburger Hexenzunft in Gengenbach

Eine Ausstellung im Gengenbacher Niggelturm zeigt die Geschichte der Offenburger Hexenzunft.

GENGENBACH. Sie ist höchst sehenswert, die Sonderausstellung zur Geschichte der Offenburger Hexenzunft im Gengenbacher Niggelturm, der ein Narrenmuseum beherbergt.

Die Ausstellung zeigt historische Masken der Offenburger Zunft als großformatige Fotos, doch auch solche aus Holz und Stoff, darunter die Masken des Gründerehepaars der Zunft, Karl und Pauline Vollmer. Das Ehepaar hatte 1933 die Idee, den alten Narrenspruch "Schelle Schelle Sechser, alti alti Hexe narro …" ins Plastische umzusetzen und eine Hexenfigur zu schaffen. Zwei Jahre lang trugen sie und ihre Freunde in der Straßenfasent selbst gefertige Hexenmasken aus Pappmaché. Auf Fotos aus den Jahren 1933 bis 1936 sind sie im Niggelturm zu sehen. Am Dreikönigstag 1936 gründeten die Vollmers und ihr Anhang dann die Offenburger Hexenzunft. Der Glasmalkünstler Vollmer hatte von seinen Freunden Karikaturen angefertigt. Die karikaturhaften Züge wurden mit der Vorstellung des Paars von der Hexenmaske verbunden: Lange Nase, buschige Brauen, spitzes Kinn, wüste Zähne. Nach diesen Vorlagen schnitzte der Elzacher Maskenschnitzer Fritz Disch die Masken für die Offenburger Hexen. So entstanden Larven, deren Züge Charakteristika ihres jeweiligen Trägers aufwiesen. Auch nach über 80 Jahren wirken die im Niggelturm ausgestellten alten Hexenmasken ausdrucksstark. Vielleicht wird mancher Alt-Offenburger beim Betrachten einen "Ich glaub den kenn ich"-Effekt verspüren.

Ein Glanzlicht der Ausstellung ist der ursprüngliche "Teufel" der Zunft, die Figur des Hexenmeisters, so, wie Vollmer ihn 1948 entworfen und in der Folge selbst getragen hat. Die Maske stellt einen Gehörnten mit Geißenohren und Schweinsrüsselnase vor. Zu Vollmers Häs gehörte überdies ein richtiger Bocksfuß. 1958 kreierte der Offenburger Maskenschnitzer Werner Vogel dann den heutigen Teufel der Zunft. Warum die Hexen nur von Männern dargestellt werden – das hätte man gerne gewusst. Vermutlich ist das Wissen darum mit dem Hinscheiden der Gründungsmitglieder verloren gegangen. Um Frauen nicht auszuschließen, wurde die Spättlehansele-Figur entwickelt und später die Alt-Offenburgerin.

Per Bildschirm sind alle Figuren der Zunft in der Ausstellung präsent. Dazu gibt es alte Filme, Aufnahmen von den Vollmers und ihren damaligen Mitstreitern, darunter Karl Wacker, Sonnenwirt Karl Otto Schimpf, Herbert Fehrenbach und andere. Man sieht Vollmer mit Teufelsmaske in Aktion, es gibt Bilder aus den frühen Hexekuchis in der Schuttergasse und am Lindenplatz. Auch der Ehrenzunftmeister der Althistorischen, Horst Junker, kommt zu Wort und spricht über Karl Vollmer und seine Schöpfung. Die fand derart viele Nachahmer, dass die Vereinigung Schwäbisch-Alemannischer Narrenzünft einen "Hexenstopp" verhängen musste.

Bei der offiziellen Ausstellungseröffnung im Hexenkeller der Gengenbacher Narrenzunft war auch das Verhältnis der Gengenbacher und Offenburger Hexen Thema. Beide Zünfte waren sich jahrzehntelang nicht Grün. Der Streitpunkt: Wessen Hexe ist die Ältere? Auch in Gengenbach ist die Hexe eine wichtige Figur, die um 1933 oder 1934 entstand. Nachweisbar haben Gengenbacher Hexen mit Stoffmasken 1935 an einem Narrentreffen in Offenburg teilgenommen. 1949 kam es zu einem Friedensvertrag auf neutralem Boden, in Käfersberg. Der Gengenbacher und Offenburger Zunftmeister, sprachen davon, dass man den "kalten Krieg" zwischen den Zünften beenden wollte. Funktioniert hat es nicht, wie zu erfahren war. Der "Eiserne Vorhang" zwischen Gengenbach und Offenburg wurde erst durch die heutigen Zunftmitglieder entsorgt. Die gemeinsame Eröffnungsfeier und die sehr schön zusammengestellte Ausstellung im Niggelturm zeugt davon.

"Schelle, Schelle, Sechser": Noch bis Oktober 2017. Öffnungszeiten: Mittwoch und Samstag 14 bis 17 Uhr, Sonntag 11 bis 17 Uhr. Die Ausstellung ist im obersten Geschoss des Gengenbacher Niggelturms, es sind über 100 Stufen zu überwinden.
von Robert Ullmann
am Mi, 12. April 2017

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