Techno

Berghain-Resident Norman Nodge legt in Freiburg auf

Er ist Resident-DJ im vielleicht bekanntesten Techno-Club der Welt: Am Samstag kommt Berghain-Stammspieler Norman Nodge für ein Set ins Crash. Ein Gespräch über die Faszination Techno und das Auflegen im Berghain.

Norman Nodge, eigentlich Norman Noczinski, ist seit 2005 Resident-DJ im Berghain in Berlin, dem bekanntesten Techno-Club der Welt. Am Samstag spielt der 42-Jährige ein Set im Club Crash in Freiburg. Ein Gespräch über das Auflegen im Berghain und die Faszination Techno.

BZ: Herr Noczinski, was können Sie im Berghain spielen, was Sie in anderen Clubs nicht auflegen können?
Noczinski: Im Berghain kann ich mich auf die Technik verlassen. Ich kann dort mit Schallplatten auflegen, ohne dass die Nadeln springen oder dass es zu Rückkoppelungen kommt. In vielen Clubs ist das nicht mehr selbstverständlich. Ich kann mich im Berghain aber auch als Künstler ausleben. Ich muss die Menge auf der Tanzfläche zwar bei Laune halten, durch die Dauer des Sets kann ich mich aber musikalisch entwickeln und auch Brüche riskieren.
BZ: Was meinen Sie damit?
Noczinski: Ich kann die Genre und Tempi variieren. Ich kann von 130 BPM (Beats pro Minute, d. Red.) auf 110 BPM runter gehen, oder umgekehrt. Ich kann Stücke spielen, die Clubgänger mit Scheuklappen als kitschig empfinden könnten. Eine alte Cosmic Baby-Nummer zum Beispiel. Aber das ist mir egal. Seit über 30 Jahren wird Musik unter den Techno-Begriff subsumiert. Es gibt daher immer Menschen, die diese Musik gerade für sich entdeckt haben und für die Altes neu ist, und umgekehrt. Und auch ich kenne längst nicht alle Platten.
BZ: Sie sind Discjockey seit über 20 Jahren. Wie vermeiden Sie, dass sich bei der Plattenauswahl und beim Auflegen Routinen einstellen?
Noczinski: Eine gewisse Abstumpfung kann ich nicht vermeiden. Manche Stücke höre und spiele ich ja immer wieder. Trotzdem höre ich viel neue Musik, und wenn ich aus 100 gehörten Stücken zwei für mich entdecke, erweitere ich meine Sammlung um diese zwei.
BZ: Worauf achten Sie beim Plattenkauf zuallererst?
Noczinski: Ich werde hellhörig bei Musik, deren Loops mich fesseln. Ich gehe gerne in Plattenläden einkaufen, in Berlin aber fast nur ins Hardwax. Ich weiß, dass ich dort hochwertige und durch die Betreiber vorgefilterte Musik zu hören bekomme. Ich tausche mich aber auch mit Freunden aus. Wir spielen uns gegenseitig Platten vor. So kommt es vor, dass ich eine Platte für mich neu entdecke, die schon seit zehn Jahren im Regal steht. Seit einigen Jahren gehe ich auch wieder vermehrt aus. Ich höre mir an, wenn Freunde und Bekannte im Berghain spielen.
BZ: Wie fühlt es sich an, wenn Sie das Berghain als Gast besuchen?
Noczinski: Da ich Resident-DJ bin, habe ich einige Privilegien. Ich muss an der Tür nicht Schlange stehen. Ich kenne die Türsteher, viele Mitarbeiter, und das vermittelt mir immer auch das Gefühl, dass ich Freunde treffe.
BZ: Fällt es Ihnen leicht, sich der Musik eines anderen Discjockeys hinzugeben?
Noczinski: Wenn der Discjockey gute Musik spielt, gehe ich auf die Tanzfläche und tanze. Ich bin dann einer von vielen Tänzern und gehe in der Menge auf.
BZ: Warum hat Techno bis heute nichts von seiner Anziehungskraft verloren?
Noczinski: Ich bin mir nicht sicher, ob diese Musik als solche für eine Anziehungskraft sorgt. Für mich muss sie mit einem Club und einer Menschenmenge zusammengehen, die sich dem Rhythmus hingibt, sich antreiben lässt und in eine Art Trancezustand fällt. Das macht für mich den Reiz aus.
BZ: "Love, Peace and Happiness" war in den Neunzigerjahren das Motto vieler Partys. Wofür sollte Techno im Jahr 2017 stehen?
Noczinski: Musik und Clubkultur kann man nicht auf einen Nenner herunterbrechen. Auch wenn dieses Motto grundsätzlich in Ordnung ist, finde ich es dennoch zu plakativ. Man kann nicht davon ausgehen, dass man eine große, eingeschworene Gemeinschaft ist. Auch ich muss immer wieder Denkhemmungen ablegen. Um Offenheit, darum geht es im Club doch eigentlich.

Party: Freiburg, Crash, Samstag, 4. März, 23 Uhr.
von Bernhard Amelung
am Fr, 03. März 2017

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