Kunst

Das Kunstmuseum Winterthur zeigt die Themenausstellung "Frozen Gesture"

Das Kunstmuseum Winterthur zeigt die Themenausstellung "Frozen Gesture".

Spontaneität war Trumpf, ob im Abstrakten Expressionismus der Amerikaner oder im deutschen Informel. Fast zwei Jahrzehnte lang dominierte nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs die gestische Abstraktion. Es war der – vermeintliche – Rückzug der Kunst ins Unpolitische, nachdem sie sich vor und während des Kriegs in die ideologischen Grabenkämpfe hatte verstricken lassen und sich dabei kompromittierte. Doch war die Feier purer, im spontanen Pinselstrich sich auslebender Subjektivität als Abkehr von Politik nicht ihrerseits politisch?

Die Reaktion ließ nicht lange auf sich warten. Wie die materiellen Grundlagen der Malerei erfasste die analytische Reflexion alsbald auch den Pinselstrich als kleinste Handlungseinheit der Malerei: am spöttischsten gewiss in Roy Lichtensteins Serie "Brushstrokes". Der heilige Pinselstrich, das Hoheitszeichen der kostbaren Innerlichkeit des Malers, plötzlich als triefendes Etwas in der Bildsprache des Comics! Es war zum Schmunzeln.

Lichtensteins großformatiger "Yellow Brushstroke" von 1965 aus dem Kunsthaus Zürich ist jetzt der Star der Ausstellung "Frozen Gesture. Gesten in der Malerei" des Kunstmuseums Winterthur. Im Kälteschock der Reflexion gerann oder gefror die spontane malerische Geste zur nunmehr reflektierten und genau kalkulierten Malhandlung. Der Pinsel, gewissermaßen das Zepter der Malerei, hatte zeitweilig ausgedient: Irgendwann griff Gerhard Richter zur Rakel, Katharina Grosse zur Spraydose. Neben Bildern dieser deutschen Maler sind ausgedehnte Werkgruppen insbesondere von Schweizer Künstlerinnen und Künstlern zu sehen – wie Pia Fries, Christoph Rütimann oder Christine Streuli.

Termine: Kunstmuseum Winterthur, Museumstr. 52. Bis 18. Aug., Di 10–20 Uhr, Mi bis So 10–17 Uhr
von Hans-Dieter Fronz
am Fr, 24. Mai 2019

Badens beste Erlebnisse