Künstlersymbiose

Das Museum für aktuelle Kunst in Durbach zeigt Ben Hübsch und Martin Kasper

Das Museum für aktuelle Kunst in Durbach präsentiert mit der Doppelausstellung Ben Hübsch und Martin Kasper eine Künstlersymbiose.

DURBACH. Sie können’s miteinander: Die beiden Maler Ben Hübsch und Martin Kasper aus Freiburg. "Das sind doch die Beiden?", mutmaßen manche Besucher beim Betrachten eines Doppelportraitbildes beider Maler und vergewissern sich an den lebenden Objekten bei der Vernissage. Hängen die Arbeiten jedes Künstlers separat an der Wand, sind sie auf den ersten Blick sehr unterschiedlich.

Kasper malt menschenleere Räume in Öl, verwendet viel Detailtreue bei der Darstellung von Gesehenem und erreicht damit ein Déjà-vu beim Betrachter: War man nicht selbst schon einmal in dieser Hotel-Lobby, dieser Aula, dieser verlassenen Fabrikhalle? Ben Hübsch verwendet Acrylfarbe für seine gleißenden Farbkombinationen. Wenn die beiden gemeinsam an einem Bild arbeiten verschärfen sich die Gegensätze. Kasper zeigt sich dabei als wahrer Meister des Porträts und Hübsch als ein Virtuose der Farbverläufe. Dabei gewinnt man den Eindruck, als ob bis auf den Quadratzentimeter genau die jeweilige Malfläche kalkuliert sei. Keiner engt den anderen ein, jeder lässt dem anderen die nötige Freiheit. Selbst bei den eigenständigen Arbeiten sind Gemeinsamkeiten bei der Auswahl von Farbton und Thema zu erkennen. So verlängert das Auge die Linien von Deckenelementen (Martin Kasper) ebenso radial auf die weiße Wand wie bei der danebenhängenden Arbeit von Ben Hübsch, wo ein vielstrahliger Stern Linien über den Bildrand sendet. Oder bei der leeren Leinwand eines Kinos (Kasper), die neben Ben Hübschs Arbeit mit Rahmen und heller mittiger Fläche hängt.

Die beiden haben sogar drei Wände der Ausstellungsräume bemalt, was angesichts der niedrigen Wandhöhe und der örtlichen Farbgebung überfrachtet wirkt.

Ist die Entdeckerfreude der gemeinsamen Arbeiten befriedigt, entwickeln die Bilder jedes einzelnen Künstlers einen Sog auf den Betrachter: Bei Martin Kaspers Ölgemälden liegt der Gedanke an Edward Hopper nicht fern. Doch während der US-amerikanische Künstler (1882 bis 1967) die Menschen in ihrer Einsamkeit aus der Distanz porträtierte, füllt Martin Kasper (Jahrgang 1962) seine menschenleeren Bilder mit Erwartungen, als wenn der Rundgang von Besuchern durch das Gebäude demnächst beginne. Denn die einzelnen Farbflächen sind von solch kompositorischer Komplexität, dass das Auge sich vom gerade geputzten, spiegelglatten Boden trennt und über die in die Jahre gekommenen Möbel wandert, bis zu den Wandanstrichen von einer Etage zur nächsten. Patina bedeckt die Oberflächen, die vorherrschenden Farben entsprechen dem Kolorit der 1920er Jahre. Ben Hübsch (Jahrgang 1963) lässt keine Patina zu. Seine Arbeiten erinnern an die Farbkontraste der 1970er Jahre oder an die holländische Gruppe De Stijl mit van Doesburg und Mondrian. Doch sie sind weit mehr als das. Ben Hübsch schafft, was kein Betrachter durchhält: den peniblen Blick auf grelle Flächen, scharfe Kontraste und oszillierende Farbverläufe. Farbwahl und Farbflüsse sind radikal und konsequent, die Abgrenzungen der einzelnen Bildelemente wie mit dem Rasiermesser gezogen und der Glanz perfekt wie eine Lackierung. Die beiden Maler arbeiten seit drei Jahren an gemeinsamen Projekten und haben mehrere Ausstellungen mit Hübsch-Kasper bestückt. Zum ersten Mal ausprobiert haben sie diese Symbiose während eines Stipendiums in Paris, wie die beiden bei der Vernissage am Mittwochabend sagten.

Ben Hübsch und Martin Kasper. Malerei. Reihe "Profile in der Kunst am Oberrhein" im Museum Hurrle. Geöffnet Mittwoch bis Freitag, 14 bis 18 Uhr, Samstag, Sonntag und Feiertag, 11 bis 18 Uhr. Bis 3. September. Vier Jahreszeiten, Almstraße 49, Durbach. http://www.museum-hurrle.de
von Eri Sieberts
am Di, 25. Juli 2017

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