Das Museum Le Vaisseau lockt mit neuer Mitmachausstellung

"Mattis, komm, hier kann man seinen Schatten einfrieren", ruft Fin und zieht seinen Freund mit. Wie bitte? Schatten einfrieren? Das hört sich nicht ungefährlich an und so folgen wir Mütter den beiden Elfjährigen – und sind mittendrin im Ideenlabor mit Oho-Effekt, das die Macher des Mitmachmuseums Le Vaisseau in Straßburg erfunden haben. Das Lab’oh ist der neueste von sieben Erlebnisbereichen, mit dem das Schiff – denn so heißt Vaisseau ins Deutsche übersetzt – volle Kraft voraus Kurs auf kreative Welten in den Köpfen der Besucher nimmt.

Und das funktioniert bei den eingefrorenen Schatten so: In einem halbdunklen Raum verharren die Jungs vor einer phosphoreszierenden Wand. Vier, drei, zwei, eins: Vorsicht, es blitzt! Der Schatten bleibt und die Kinder wechseln die Haltung. Es blitzt wieder, Silhouetten überlagern sich, werden zum Kunstwerk und erzählen Geschichten, bringen alle der munter mitwirkenden Gestalten zum Lachen, ehe die eingefrorenen Schatten nach einer Minute wieder verschwinden und Platz für neue machen.

Überhaupt: Spielen, spinnen und gestalten, experimentieren, bauen und sich trauen – auf 400 Quadratmetern ist jede Menge Platz, um an den elf Stationen der Fantasie freien Lauf zu lassen. Hochstapeln ist in der Mitte des Raumes angesagt, wo an Tischen mit tausenden Bauklötzen, Brettchen, Rädern und zusammensteckbaren Strohhalmen wahre Luftschlösser entstehen und mit einem "Och mennooo", auch schon mal wieder einstürzen.

Ein Stück weiter lassen die Jungs anschließend die Kugeln rollen und zwar auf einer meterlangen, selbst gebauten und immer wieder veränderten Kugelbahn. An der Station daneben legen drei Kinder verschiedene Teile auf einer Art Pult mit Glasplatte zu Collagen, die dann, von einer Kamera aufgenommen, zu an die Wand projizierten Kunstwerken werden.

Apropos Kunstwerke: Die gibt es auch Punkt für Punkt leuchtend. In kreisrunde Löcher einer schwarzen, perforierten Wand stecken viele eifrige Hände fluoreszierende Stäbe. Sobald diese mit den UV-Lampen Kontakt bekommen, werden aus den Stäben Punkte und aus den Punkten ein buntes, vier Meter breites Bild, wo ein rotes Herz neben gelber Sonne im blauen-grünen Pixel-Ozean strahlt.

"Haste noch ne Idee?" Die Jungs grübeln, mit Stift in der Hand. Sie sollen 15 Mal zwei parallelen Linien eine neue Gestalt verpassen, die Sanduhr läuft. Ein Haus, eine Straße, eine Leiter und eine Rakete entstehen auf der Tafel, mit fliegendem Stift kommen neue Bilder dazu. Ideen sind auch gefragt, wenn es gilt, aus Bildkarten eine Geschichte zu legen und zu erzählen, die nur zwei Vorgaben hat: Sie fängt mit "Es war einmal" an und schließt mit "Ende gut, alles gut".

Das ist im Grunde auch das Motto von Lab’oh. Denn das Le-Vaisseau-Team stand vor der kniffligen Aufgabe, die kostspieligen Sonderausstellungen durch eine Dauerausstellung zu ersetzen. Innovativ sollte diese daherkommen, das Gemeinschaftsgefühl fördern und Erlebniswelten ergänzen, die schon da sind: Wasser, Garten, Tiere, Mensch sein, Selbermachen sowie Mathe und Knobeln. Dort sitzen wir nun und versuchen, mit Kunststoffteilen komplizierte Figuren zusammenzustecken. Die Jungs sind durch, haben alle Stationen ausprobiert. "Kommt ihr jetzt?", drängeln sie. "Ja, gleich", sagen wir – auch nochmal fünf Minuten und zehn Minuten später. Schließlich haben wir es geschafft und deuten beim Hinausgehen auf unsere Geschichte auf dem Es-war-einmal-Tisch vom Lab’oh: "Und dann verließen sie das Haus und gingen wieder in den Wald zurück", hatten die Jungs erzählt. Na ja, Wald stimmt nicht, aber der Rest schon: Ende gut, alles gut.

Weitere Infos: Le Vaisseau, 1 bis rue Philippe Dollinger, Straßburg, Geöffnet: Di bis So, 10 bis 18 Uhr; Erwachsene 8 Euro, Kinder bis 3 Jahre frei, von 4 bis 18 Jahren 7 Euro, Sa 6 Euro, Familienpass (ab 4 Pers.) 25 Euro, Info: Tel. 0033/ 369332669, http://www.levaisseau.com

von Anita Fertl