Theater

Das Theater im Hof in Kandern-Riedlingen geht in seine 25. Spielzeit

Das Theater im Hof in Kandern-Riedlingen geht in seine 25. Spielzeit.

Eine ausladende Kastanie, ein historischer Markgräfler Hof mit Scheune und viel Enthusiasmus: Aus diesen Zutaten besteht das Theater im Hof im Kanderner Ortsteil Riedlingen. Mit einer Strategie, einem Konzept, das Abseits im Markgräflerland kulturell zu beleben, oder gar mit kommerziellen Ambitionen aber hat diese sommerliche Open-Air-Bühne, die nun in ihre 25. Spielzeit geht, nichts zu tun.

Der Anfang war eine Eingebung. Als er den Innenhof des alten Hof-Ensembles gesehen habe, sei er dessen Charme verfallen, sei ihm das theatrale Potenzial dieses Ortes bewusst geworden, erinnert sich Dieter Bitterli. Der Genius Loci verband sich mit Begeisterung und wachsender Freude, selbst Gesehenes zu teilen, erzählt Dorothea Koelbing – ein Kultur-Sharing sozusagen, bei dem eins zum anderen kam. Einem Plan aber folgte das Theater im Hof nie. Das Programm der knapp dreiwöchigen Spielzeiten entsteht im Lauf des Jahres spontan. Gleichwohl ist das Theater unter der immer ausladenderen Kastanie zu einer Institution im sommerlichen Kulturangebot des Dreiländerecks geworden.

Vieles wäre im klassischen Theater schwer vorstellbar

"Wir sind selbst verwundert, dass es schon 25 Jahre werden", blicken Bitterli (76) und Koelbing (61) zurück. Beide haben lange im Theater- und Kulturbereich gearbeitet, Bitterli in den 70er Jahren als Schauspielleiter am Theater Freiburg, später als Professor der Hochschule für Künste in Berlin, Koelbing als Leiterin der Tanz- und Theatersparte der Kaserne Basel. Dieser Hintergrund und darüber entstandene Kontakte waren der erste Nährboden des Theaters im Hof. Inzwischen hat das aber eine stabile Eigendynamik – mit dem atmosphärisch reizvollen Innenhof als alles definierender Größe. Er bestimmt, was gezeigt wird: Es gehen nur Dinge, "die Verbindungen mit der Umgebung eingehen", sagt Koelbing.

Zwar haben sich im Lauf der Jahre auch Akzente verschoben. Große Eigenproduktionen wie García Lorcas Farce "Die wundersame Schustersfrau" von 2003, die Bitterli in Kombination mit seiner Professur an der Berliner Hochschule für Künste im Hof realisieren konnte, sind passé. Der Schwerpunkt auf Text und Sprache, die offene Bühne, die Schauspielern Raum zur Gestaltung lässt, und experimentelle Ansätze ziehen sich dagegen als roter Faden durch die Programme. Tatsächlich wagt sich das Theater im Hof oft an Stoffe, die im klassischen Theater schwer vorstellbar sind. Dazu kommt meist ein persönlicher Impuls – eine Leseerfahrung zum Beispiel, wie sie dem Auftritt des Kafka-Biografen Reiner Stach in der Jubiläums-Spielzeit zu Grunde liegt.

Stachs dreibändige Biografie des Schriftstellers umfasst nicht weniger als 2000 Seiten. Nach anfänglichem Zögern habe er sich dem "Schinken" angenähert und "ein Meisterwerk" gefunden, erzählt Dieter Bitterli. Nun liest Reiner Stach in Riedlingen, berichtet aber auch über die Arbeit an der Biografie und steuert Anekdoten zu Kafka bei (7. August). Eröffnet wird das diesjährige Programm mit Jürg Kienbergers Solo zum Leben und Sterben der Bienen "Ich Biene – ergo summ" (29. Juli, 1. August), für das der Innenhof nach Ansicht des Schweizer Musikers und Schauspielers "der beste Ort" ist.

Auch Wiederholungen sind ein Element im Theater im Hof. Heuer etwa Timo Brunke: Der Autor und Slampoet gastiert mit "Orpheus Downtown" (5. August) in Riedlingen. Auch das Freiburger Theater im Marienbad (30. Juli) ist Stammgast, ebenso der Schauspieler Urs Bihler; er zeigt "Fleisch und Blut" (9., 12. August), eine Inszenierung nach Susanne Schwagers Roman, in dem ein Fleischer seine Geschichte erzählt. Ein Konzert gestalten Houry Dora Apartian und der Pianist Oliver Friedli mit verjazzten armenischen Traditionals (11. August).

Termine: Kandern-Riedlingen, Theater im Hof, Ortsstr. 15, 29. Juli bis 13. August; Vorbestellung unter Tel. 07626/972081

Weitere Infos unter www. theaterimhof.de
von Michael Baas
am Fr, 28. Juli 2017

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