Weltmusik

Das zwölfte Tamburi Mundi Festival in Freiburg

TICKET-INTERVIEW mit Nawal Mlanao, die beim Festival Tamburi Mundi auftritt.

"Visions" ist Thema der zwölften Ausgabe von Tamburi Mundi. Neben vielen vertrauten und beliebten Gesichtern empfängt das Freiburger Rahmentrommelfestival auch einen Gast aus dem Indischen Ozean. Stefan Franzen hat sich vorab mit der Musikerin Nawal Mlanao von den Komoren unterhalten.

Ticket: Nawal Mlanao, nicht viele Menschen wissen hier Bescheid über die Komoreninseln. Geben Sie uns eine kurze Einführung in die Geschichte Ihrer Heimat?
Nawal Mlanao: Der Name "Komoren" stammt vom arabischen "qamar", Mond, die Araber haben uns so getauft. Als die Franzosen die Inseln erobert und kolonisiert haben, ist "qamar" zu "comores" geworden. Es gibt eine Geschichte aus der Mythologie, die ich sehr liebe: Ihr zufolge waren unsere ersten Einwohnern Dschinns, Geister, die aus Äthiopien kamen. Aus Eifersucht auf die Königin von Saba haben sie den ganzen Schmuck gestohlen, den der verliebte Salomon ihr schenken wollte, und in den Karthala-Vulkan geworfen, den größten Krater der Welt. Die Kultur der Komoren ist eine Mischung aus 80 Prozent schwarzafrikanischer und 20 Prozent arabisch-persischer Einflüsse. Der Islam ist schon im 7. Jahrhundert zu uns gekommen.
Ticket: Das heißt, Sie waren während Ihrer Kindheit und Jugend einem großen Reichtum an Klängen ausgesetzt.
Mlanao: Als Enkelin eines Sufi-Meisters bin ich mit den Sufigesängen groß geworden, aber auch mit der Tradition des Taarab, einer Hochzeitsmusik, die von Ägypten über Sansibar auf die Komoren gekommen ist. Mein Kindermädchen hat mir außerdem viele Bantu-Lieder vorgesungen, die bis in den Kongo zurückzuführen sind. Als ich sehr klein war, haben die Brüder meiner Mutter in ihrer Band die Yé-Yé-Beatmusik aus Frankreich und Jimi Hendrix adaptiert, und ich habe ihnen nachgeeifert auf einer selbstgebastelten Gitarre.
Ticket: Den Sufismus kennen wir vor allem aus dem Nahen Osten und der Türkei. Wie wird er auf den Komoren praktiziert?
Mlanao: Auch wir haben die meditative Praxis des Dhikr, des meditativen Gedenkens an Gott, aber wir drehen uns nicht um uns selbst wie die Mitglieder des Mevlevi-Ordens in der Türkei. Stattdessen bilden wir alle einen Kreis und bewegen uns, als ob wir davonfliegen wollten. Es gibt bei uns einige Gedichte, die mit denen in der Türkei und dem Iran übereinstimmen, auch ähnliche Melodien. Aber wir fügen Abwandlungen ein, die von der Bantu-Tradition beeinflusst sind.
Ticket: Ist all Ihre Musik spirituell, oder singen Sie auch über das tägliche Leben?
Mlanao: Ich singe auch über den Frieden, über die Bedingungen, unter denen Frauen leben. Meine Songs sind oft Gebete, das ganze Leben ist spirituell für mich. Ich kann genauso über Buddha wie über Allah singen, tibetische Mantras aufgreifen, denn diese Tradition berührt mich ebenso. Und wenn ich mich auf der Gitarre begleite, dann nenne ich das meine Art von "Gospel", eine Verbindung zu Gott im eigentlichen Sinne. Ich mache nichts Archaisches, denn ich habe das Recht, mit meinen Wurzeln zu wachsen, Tradition und Moderne zu verbinden.
Ticket: Können Sie etwas zu den Instrumenten sagen, mit denen Sie Ihre Stimme begleiten?
Mlanao: Ich spiele Daumenklavier und Gambusi. Einige Musikologen sagen, die Gambusi sei die Vorläuferin der Oud, man findet sie auch in Indonesien, Malaysia und eben auf den Komoren. Außerdem spiele ich die persische Rahmentrommel Daf. Wir haben eine kleine Variante auf den Komoren, doch die größere habe ich in Paris kennengelernt und mir autodidaktisch angeeignet.
Ticket: Welche Erwartungen haben Sie jetzt an das Tamburi Mundi-Festival und Ihren Besuch in Freiburg?
Mlanao: Was ich an diesem Festival liebe, das ist der Kontakt mit Musikern, die ich noch nicht kenne. Das wird nach meinem Soloauftritt in einem zweiten Konzert passieren. Freiburg war übrigens die erste deutsche Stadt, die ich vor langer Zeit kennengelernt habe, da war ich noch Studentin in Montpellier. Meine Freunde von damals habe ich aus den Augen verloren, es wäre toll, wenn der Zufall sie mir zurückbringt. Das wäre für meinen Aufenthalt die Kirsche auf dem Kuchen.
von fra
am Fr, 28. Juli 2017

Info

Tamburi Mundi

Das Festival dauert vom 28. Juli bis 6. August. Die Konzerte am verlängerten Auftaktwochenende:
28. 7., David Friedman und Murat Coskun, E-Werk, 20 Uhr
29. 7., Visionäre Klangfarben,
E-Werk, 20 Uhr
30. 7., Nawal Mlanao, E-Werk,
11 Uhr
30. 7., Visions of Spiritual Drumming mit Nawal Mlanao und anderen, Christuskirche, 20 Uhr.
Das ganze Programm unter http://www.tamburimundi.com  

Autor: pd

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