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Gesundheit und Soziales

Der Fachbereich forensisch-psychiatrische Pflege

  • Mo, 13. November 2023, 12:20 Uhr
    Verlagsthema

Verlagsthema Gitte Herwig ist Pflegeexpertin APN (Advanced Practice Nursing) und in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie in Emmendingen tätig. Im Interview gibt sie Einblicke in ihre Arbeit.

Gitte Herwig arbeitet   als Pflegeexpe...Psychotherapie   (ZfP) in Emmendingen.  | Foto: ZfP Emmendingen
Gitte Herwig arbeitet als Pflegeexpertin APN (Advanced Practice Nursing) in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie (ZfP) in Emmendingen. Foto: ZfP Emmendingen
Nachdem sie viele Jahre als Gesundheits- und Krankenpflegerin in der Psychiatrie gearbeitet hat, entschloss sich Gitta Herwig zu studieren. Auf das grundständige Studium "Psychiatrische Pflege" an der Fachhochschule der Diakonie in Bielefeld folgte ein zweijähriges Masterstudium der Gesundheits- und Pflegewissenschaften an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg.
Heute arbeitet Herwig als als Pflegeexpertin APN (Advanced Practice Nursing) in der Klinik für Forensische Psychiatrie und Psychotherapie (ZfP) in Emmendingen. Die Klinik umfasst derzeit neun Stationen, eine forensische Ambulanz und mehrere forensische Wohngemeinschaften.

Welchen Auftrag hat die Forensische Klinik (Maßregelvollzug)?

Herwig: Zunächst muss man wissen, dass das übergeordnete Ziel des Maßregelvollzuges der Schutz der Bevölkerung vor zukünftigen Straftaten ist. Die Menschen, die bei uns behandelt werden, leiden unter einer psychischen Erkrankung beziehungsweise einer Suchterkrankung und haben infolge dieser Erkrankung Straftaten begangen. Durch die Behandlung der ursächlichen Erkrankung soll die Gefährlichkeit der Patientinnen und Patienten so reduziert werden, dass sie keine Gefahr mehr für die Gesellschaft darstellen und ein sozial integriertes Leben führen können. Das große therapeutische Behandlungsteam besteht neben Mitarbeitenden des Pflege- und Erziehungsdienstes auch aus Psychotherapeuten, Ärzten, Ergo-, Arbeits- und Sporttherapeuten sowie Lehrern.

Was macht die Arbeit im ZfP für Sie besonders?
Herwig: Die Patientinnen und Patienten haben zum einem sehr lange Aufenthaltsdauern. Das heißt, sie sind einige Jahre, bisweilen Jahrzehnte bei uns. Das ist die große Herausforderung für das therapeutische Team und natürlich für die Patienten selbst. Die Behandlung findet unter strafrechtlichen Bedingungen statt, ist Therapie ist oftmals zunächst fremdmotiviert. Nicht alle sind mit der Unterbringung einverstanden oder durchgängig zur Therapie bereit.

Welche Aufgaben haben Sie als Pflegeexpertin APN?
Herwig: Übergeordnet könnte man sagen, dass alles in meinen Aufgabenbereich fällt, was mit der Entwicklung der Pflegequalität zu tun hat. Es umfasst unter anderem die strategische Planung und wissenschaftliche Begleitung der Implementierung neuer Konzepte und Modelle in die Praxis sowie die Koordination des Fort- und Weiterbildungsangebotes für unsere Mitarbeitenden des Pflege- und Erziehungsdienstes. Wichtiger Bestandteil meiner Tätigkeit ist die Leitung des Teams der Pflegefachverantwortlichen der insgesamt neun forensischen Stationen. Darüber hinaus führe ich wissenschaftliche Literaturrecherchen zu spezifischen Fragestellungen durch, coache Kolleginnen und Kollegen in der Praxis und bin in beratender Funktion für das Pflegemanagement tätig. Ich leite klinische Forschungsvorhaben und vertrete unsere Klinik auf Fachkongressen.

Was ist wichtig für eine professionelle forensisch-psychiatrische Pflege und was motiviert Sie an Ihrer Arbeit?
Herwig: Auch im Maßregelvollzug können wir keinen Menschen zur Veränderung zwingen. Und gerade beim Aufbau von Vertrauen und "Therapieallianz" leisten alle Pflegenden im Maßregelvollzug einen sehr bedeutenden Beitrag: Denn wir sind die einzige Berufsgruppe, die "24/7" auf der Station ist und somit haben wir auch den häufigsten Kontakt mit unseren Patientinnen und Patienten. Der respektvolle Umgang, die wertfreie Annahme des Menschen mit seiner Geschichte und seinen Straftaten ist eine grundsätzliche Voraussetzung für das Entstehen einer therapeutischen Beziehung und somit die Schaffung eines tragfähigen Arbeitsbündnisses. So kann sich Motivation für Therapie und Veränderung bei den Patientinnen und Patienten entwickeln und aufrecht erhalten werden.

In der Praxis verlangt das den Mitarbeitenden ein hohes Maß sowohl an Fach- als auch an persönlichen Kompetenzen ab. Die Kolleginnen und Kollegen müssen sehr gute empathische Fähigkeiten mitbringen, gute Kenntnisse über Kommunikation und eine ausgeprägte Reflexionsfähigkeit besitzen. Dies alles systematisch zu entwickeln, zu fördern, zu steuern und zu überprüfen, ist Bestandteil meiner Tätigkeit und motiviert mich jeden Tag. Denn gut ausgebildete Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind die Grundlage einer erfolgreichen Therapie, damit reduziert sich das Gefährdungspotential unserer Patientinnen und Patienten. Wenn diese ein sozial integriertes Leben führen, einen neuen Lebenssinn entwickeln, bedeutet das die größtmögliche Sicherheit für die Bevölkerung.

Was ist für Sie das Besondere an Ihrer Arbeit?
Herwig: Das Besonderer an meiner Arbeit ist die Vielfältigkeit. Selten ist ein Tag wie der andere. Durch meine vielen Aufgaben und Verantwortlichkeiten habe ich gefüllte Arbeitstage. Es benötigt viel Organisationstalent und auch Disziplin, um allen Anforderungen gerecht zu werden. Ich treffe die unterschiedlichsten Menschen und bin in vielen Gremien zugegen. Dort vertrete und steure ich die fachliche Entwicklung der Pflege der gesamten Klinik, da ist viel Eigeninitiative und auch Durchsetzungsvermögen gefragt. Wichtig ist die Zusammenarbeit mit der Pflegedienstleitung der Klinik. Pflegeentwicklung ist nur wirksam, wenn das Management das Potential und die Bedeutsamkeit erkennt.

Was macht für Sie die Arbeit im ZfP aus?
Herwig: Ich arbeite gerne im ZfP, weil ich in der Ausübung meiner Tätigkeit von allen Ebenen Unterstützung erfahre. Pflegeentwicklung benötigt Gestaltungsfreiraum und auch Mut zur Veränderung. Beides erlebe ich in meinem Alltag von allen Kolleginnen und Kollegen. Offenheit, Diskussionsbereitschaft und die Bereitschaft zur Innovation sind wichtige Paradigmen, ohne die Pflegeentwicklung nicht möglich wäre.
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Ressort: Verlagsthema

Dossier: Stellenspezial Gesundheit

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