Weltmusik

Der Weltmusiker Mulatu Astatke in der Filature Mulhouse

Der Weltmusiker Mulatu Astatke in der Filature Mulhouse.

Von allen Spielarten des Afrojazz stellt die äthiopische die eigenwilligste und unverkennbarste dar. Ein Mann ist in Personalunion Erfinder und Entwickler, Internationalisierer sowie Verantwortlicher für die Renaissance des "Ethio Jazz": Mulatu Astatke. Mit seinem neuen Programm kommt er am 5. Februar in die Filature Mulhouse.

Die Retrowelle, die seit 15 Jahren auch die alten Funk-, Jazz- und Pop-Sounds des schwarzen Kontinents erfasst, hat manchen vergessenen Helden wieder nach oben gespült. Im Falle von Mulatu Astatke ist dafür Regisseur Jim Jarmusch verantwortlich. Der langjährige Fan verwendete die Musik seines Idols für den Film "Broken Flowers" – und so sahen Millionen, wie Bill Murray zu einer mit eigenartigen Klängen untermalten Odyssee aufbrach.

Diese Klänge verfingen bei vielen Kinobesuchern, sie erkundigten sich nach dem Urheber. Und so kam der Grandseigneur zu neuen globalen Ehren. Die hatte er schon mal, allerdings Jahrzehnte zuvor: Mit zwölf war der Spross aus einer wohlhabenden Familie von Äthiopien nach England aufgebrochen. Astatke sollte Luftfahrtingenieur werden, meuterte aber bald und schrieb sich am Trinity College zum Musikstudium ein, jammte in London mit Jazzern, entdeckte sein Hauptinstrument, das Vibraphon. Am Bostoner Berklee College wurde er der erste Musikstudent aus Afrika, entwickelte mit Erfahrungen aus zwei Welten seinen Ethio Jazz. Hier die schweifenden, etwas unheimlich tönenden Fünftonskalen der Heimat, dort die Improvisationen in den westlichen Zwölftonleitern, "fünf gegen zwölf", nennt Astatke das. Dazu gruppierte er Funk, Soul und Latin-Flair.

Zurück in Addis pflegte er seine neue Kunst während der letzten Regierungsjahre von Kaiser Haile Selassie, forschte über die lokalen Traditionen, initiierte Musikschulen. Bis 1974 der Kommunist Mengistu die Macht an sich riss und Astatke lange kulturelle Dürrejahre überstehen musste. Drei Jahrzehnte später die Wiederauferstehung dank Jarmusch: Eine junge Hörerschaft entdeckt ihn, gesampelt wird er von Kanye West und Damian Marley, und mit seiner neuen Band Steps Ahead knüpft er an die Experimente zwischen Ost- und Westafrika, Jazz und Folklore an. Auf seinem aktuellen Album "Sketches Of Ethiopia" kann man erlauschen, wie frisch Astatke auch mit 72 Jahren noch klingt. Es ist zugleich sein Tribut an die Kultur der diversen Ethnien Äthiopiens, die in hypnotische Grooves von Spiritual Jazz bis Funk gekleidet werden.

Termin: Mulhouse, Mulatu Astatke, Filature, Fr, 5. Feb., 20 Uhr
von Stefan Franzen
am Fr, 05. Februar 2016

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