Das große Leuchten

DIe Schweizer Stadt Murten feiert den Januar mit einem Lichterfestival

Von wegen Winterblues: Murten in der Schweiz feiert den ersten Monat des Jahres mit spektakulärem Lichtfestival .

Die Hauptgasse glüht in geheimnisvollen Blau. Gigantische Meerestiere wiegen sich als Heliumdrachen über den Köpfen der Zuschauer. Die Figuren werden von Helfern bewegt, die die Fabelwesen in Zeitlupentempo an Schnüren führen. Nur ein paar Schritte entfernt, im Hof des Schlosses aus dem 13. Jahrhundert, wabern holographische Windspiele und zaubern immer neue visuelle Effekte auf Mauern und Türme. Hinter der französischen Kirche liegt ein Ballsaal im Freien. Elegante Abendgarderobe hängt in den Zweigen der Platanen, Musik erklingt und animiert die Besucher, einen Tango in frostiger Nacht zu wagen.

Ann Lee Zwirner heißt die Künstlerin, die dieses Tanzvergnügen ausgerichtet hat. Von Anfang an war sie beim Lichtfestival im Schweizer Städtchen Murten dabei.

"Die legendäre "Fête des Lumières" in Lyon war das Vorbild und der Anstoß, auch hier ein Festival zu wagen", so Ann Lee Zwirner. 2016, im ersten Jahr, kamen dafür bereits 80 000 Besucher nach Murten. Das ist deshalb so erstaunlich, weil Murten, das auf Französisch Morat genannt wird, nur etwas mehr als 8000 Einwohner hat, von denen nur ein kleiner Teil innerhalb der Festungsmauern der mittelalterlichen Altstadt wohnt. Diese bildet die Bühne für das inzwischen auch hier etablierte Lichtfestival mit mehr als zwei Dutzend Installationen und mindestens ebenso vielen beteiligten Künstlern. "Arteplages" nennen sich die Schauplätze der Lichtkunst: Orte, an die es die Kunst wie exquisites Strandgut gespült hat.

"Murten ist eine typische Zähringerstadt wie auch Bern, Thun und Freiburg im Breisgau", so Stadtführerin Heidi Buschbauer. "Unser Stedtli hat eine breite Hauptgasse mit Laubengängen, zwei Nebengassen in Längsrichtung und einer Querverbindung. Das alles lässt sich in einer Viertelstunde ablaufen. Man sollte aber viel mehr Zeit mitbringen. Besonders während des Lichtfestivals."

Vor dem mächtigen Berntor, das in die Altstadt führt, muss man innehalten. Nicht nur, weil dort die Stände mit Glühwein und Punsch aufgebaut sind, sondern auch, weil auf dem gegenüber liegenden Gebäude der Primarschule allabendlich alle 45 Minuten das größte Spektakel des Festivals in Szene gesetzt wird. Das mächtige buttercremegelbe Schulhaus bietet genug Fassadenfläche, um als Hintergrund für die Projektionen zu dienen. Ausgerichtet wird die Schau von dem 1987 im bretonischen Rennes gegründeten Lichtkunstunternehmen "Spectaculaires", das auch schon in Lyon gewirkt hat und dort einen Publikumspreis gewann.

Was das Lichtfestival in Murten besonders charmant macht, sind jene Installationen die mit ganz einfachen Mitteln die Bewohner einbinden. Kinder, die ihre Zeichnungen auf mittelalterliche Türme projiziert sehen, Jugendliche, die mit ein wenig Programmierarbeit selbst kreierte Emojis auf den Quadern der Ringmauer zum Leuchten bringen. Menschen, die ihre Schatten auf der grellbunt illuminierten Fassade eines Gotteshauses tanzen lassen oder ihre Gesichter mittels einer Kamera als Gigantenantlitz in Baumkronen projizieren.

Weil Murten im Drei-Seen-Land liegt, ist natürlich auch der Murtensee in das Festival eingebunden. Im Sommer gilt er als einer der wärmsten Badeseen der Schweiz, jetzt glimmt er kalt und still in der früh einsetzenden Dunkelheit. Bunt glühende Boote ziehen ihre Runden über das nachtschwarze Wasser. Das Schilf ist geheimnisvoll erleuchtet und am Seeufer setzen große und kleine Besucher ihre Wunschlaternen mit der Bitte um Frieden, Toleranz oder privates Glück und Gesundheit vorsichtig aufs Wasser. Mal auf Deutsch, mal auf Französisch sind die Anliegen formuliert, denn Murten ist ein zweisprachiger Ort. Merci sagt man sowieso hüben wie drüben und die Wunschlaternen treiben einträchtig in beiden Sprachen über den See. Angesichts der bunt leuchtenden Traumbilder des Lichtfestivals fehlen den meisten Besuchern ohnehin die Worte. Magische Momente lassen sich am schönsten als stilles Staunen erleben.

Weitere Infos: Lichtfestival Murten, 16. bis 27. Januar; Anfahrt: Per Auto etwa 180 Kilometer ab Freiburg; mit der Bahn über Basel und Bern; Festivalpass für die gesamte Zeit 15 Sfr, Tageseintritt 5 Sfr, alle Infos: http://www.murtenlichtfestival.ch
von Claudia Diemar
am Fr, 11. Januar 2019

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