Theater

Die "Volksoper" von und mit by Proxy: Viertägiges Pop-Up-Opernfestival in Freiburg

Die "Volksoper" von und mit by Proxy: Viertägiges Pop-Up-Opernfestival in Freiburg.

Sie wollen das Image der Oper entstauben und das Publikum permanent mit einbeziehen: Das Live-Art-Kollektiv by Proxy aus Norwegen bereitet eine Oper im Pop-Up-Format vor – und baut dafür vor dem Theater Freiburg einen Anbau.


Sie nennen es Volksoper, denn ihr wichtigster Adressat ist das Volk. "Wir wollen da sein, wo die Leute sind", sagt Marthe L. S. Eide. "Jeder ist zu unserer Party eingeladen." Eide gehört zum norwegischen Kollektiv by Proxy, das sich seit drei Wochen in Freiburg auf ein interaktives Happening vorbreitet: eine viertägige Oper im Pop-Up-Format. Bedeutet: Das Pop-Up-Prinzip, das man aus dem Einzelhandel kennt, wird auf ein Opernfestival übertragen. Alles soll nach ein paar Tagen wieder verschwinden.

Indem sie die Gattung Oper in ein Festivalgewand kleiden und mit dem Publikum in Dialog treten, wollen die jungen Performer und Performerinnen die Oper aus ihrem traditionellen Korsett lösen – und sie auch für junge Leute interessant machen. Dafür bauen sie am Theater Freiburg erst einmal an: Auf dem Theatervorplatz entsteht ein Spielort für Teile des Programms. Er ist so gestaltet, dass auch Passanten Teil des Opernfestivals werden und mitmachen können. Wie es sich für eine Baustelle gehört, erschien Bürgermeister Ulrich von Kirchbach stilecht zum Spatenstich.

Mit der "Volksoper Residency" starten by Proxy in ihr Opernfestival-Programm: In dem mehrtägigen Workshop soll der aktuelle Status von Frauen in der Opernwelt thematisiert werden. "Es gibt nur wenige Regisseurinnen in der Opernwelt", sagt Ylva Owren. "Und auf der Bühne spielen Frauen meistens Figuren, die am Ende sterben." Gemeinsam mit jungen Künstlerinnen und Künstlern werden by Proxy Improvisationen erarbeiten und einen Blick hinter die gängigen Setzungen von Bühnen- und Zuschauerraum werfen. "Wir wollen Räume für Frauen finden", so Owren.

Die Rolle der Frau stärken, für Gleichberechtigung einstehen und zu gleicher Zeit das politische und popkulturelle Potenzial der Oper nutzen – das haben die sechs Performer aus Norwegen in ihr Volksoper-Manifest geschrieben. Keiner von ihnen hatte vorher einen Bezug zur Oper. Die Künstler kommen aus Schauspiel, Tanz, Szenografie und Musik. Anders Firing Aardal, Matias Askvik, Marthe L. S. Eide, David Jensen, Ylva Owren und Heiki Riipinen haben sich 2015 zum Kollektiv by Proxy zusammengefunden. Sie besuchten alle dieselbe Abschlussklasse der norwegischen Theaterakademie.

Mit ihrer Inszenierung "Stop Being Poor" gewannen sie im selben Jahr den Preis der Körber Stiftung in der Kategorie "Junge Regie". In der Jury: Peter Carp, damals noch Intendant des Theaters Oberhausen. Er engagierte das junge Theater-Kollektiv für ein Gastspiel und lud sie jetzt auch nach Freiburg ein. Die Volksoper soll die erste von vielen Kooperationen sein.

Mit einem Bingo-Abend, einem Opern-Konzert und einer Opern-Club-Nacht wollen by Proxy Tradition mit Popkultur mischen und dem Freiburger Publikum neue Erfahrungen ermöglichen. "Wir verbinden einfache und anspruchsvolle Unterhaltung miteinander", sagt Marthe L. S. Eide über Bingo Baroque. "Es geht einzig und allein darum, Spaß zu haben."

Eine exklusive Gruppe von Gästen wird die Fantasy-Oper "Coraline" aus dem Programm des Freiburger Theaters von der Unterbühne aus erleben. "15 Leute werden ganz nah bei den Künstlern sitzen und nur hören, was auf der Bühne geschieht", sagt Matias Askvik. "Wir servieren derweil Kaffee und Tee." Bei "Ancient hits and modern classics" spielen Mitglieder des Orchesters Songs von Destiny’s Child, Michael Jackson und Nirvana in der Passage 46 – und die Musiker von by Proxy werden sich an Arien versuchen. Und die Volksoper wäre keine Oper, würde sie nicht mit Sterbearien enden.

Termine: Freiburg, "Volksoper", Do, 5., bis So, 8. Juli, Opernanbau, Gr. Haus, Passage 46, Eröffnung: Do, 5. Juli, Opernanbau

Weitere Infos unter http://www.theater-freiburg.de
von Gina Kutkat
am Fr, 29. Juni 2018

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