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Von harmlos bis gefährlich

Diese Fake News zum Coronavirus und zu Therapien kursieren in Sozialen Medien

Claudia Füßler

Von

Mo, 16. März 2020 um 12:23 Uhr

Deutschland

Medikamente, die die Infektion verschlimmern, angebliche Heilmittel, Verschwörungstheorien: Derzeit machen viele Falschmeldungen die Runde. Das kann schnell gefährlich werden.

Fake-News können drollig sein – aber auch schnell sehr gefährlich werden.   | Foto: stevanovic igor
Fake-News können drollig sein – aber auch schnell sehr gefährlich werden. Foto: stevanovic igor
"Hallo, liebe Isabella, hier ist Elisabeth, die Mama vom Poldi", sagt die freundliche Stimme einer jungen Frau in der Sprachnachricht. Sie sei heute von einer Freundin angerufen worden, die an der Uniklinik Wien arbeite und dort hätten die Ärzte mal "so ein bisschen Forschung betrieben" und dabei "sehr stichhaltige Hinweise" gefunden, dass das Schmerzmittel Ibuprofen die Vermehrung des neuartigen Coronavirus beschleunige. Schriftlich würde es da keine Infos zu geben, weil es keine sehr große Studie gewesen sei, aber mündlich rate die Uniklinik Wien über ihre Ärzte dazu, Ibuprofen zu meiden. Tatsächlich hat sich die Uniklinik Wien am Samstagmittag – nur wenige Stunden, nachdem die Sprachnachricht auf Tausenden Whatsapp-Accounts aufgetaucht war – per Facebook und Twitter zu Wort gemeldet: "Wir möchten ausdrücklich darauf hinweisen, dass es sich hierbei um Fake News handelt, die in keinerlei Zusammenhang mit der Med-Uni Wien stehen", heißt es da.

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Es hat mit einigen wenigen obskuren Informationen begonnen, doch im gleichen Tempo, in dem die Zahl der mit dem Coronavirus infizierten Menschen in Europa steigt, nehmen auch die Falschmeldungen Fahrt auf. Sie kursieren als Sprachnachrichten oder Kettenbriefe per Whatsapp, werden auf Facebook und Twitter geteilt.

Wundermittel aus Kräutern oder schließende Supermärkte? Alles Fake News

Auf Youtube wird ein Video des inzwischen gelöschten Kanals Odysseus von "solidarischen" Kanälen fleißig weiterverbreitet, in dem behauptet wird, die Medien würden das wahre Ausmaß der Krise verschweigen – inklusive Rezept, wie man sich mit dem Kraut eines Zistrosengewächses einen Anti-Virus-Extrakt brauen kann.

Fleißig geteilt wurden am vergangenem Wochenende Nachrichten, in denen "ein guter Bekannter" oder "eine Freundin, die beste Kontakte hat" zu berichten wussten, dass ab Montag die Discounter schließen würden. Oder nur noch zwei Stunden geöffnet sein werden. Oder sich die großen Supermarktketten abgesprochen hätten, nur noch an drei Tagen die Woche für einige Stunden zugänglich zu sein. Man solle dringend Familien und Freunden Bescheid geben, damit diese sich noch rasch bevorraten könnten. Dazu noch ein paar Bilder von leeren Nudelregalen, und ruckzuck war die Nachricht bei weiteren 20 Kontakten aus dem Adressbuch. Aldi hat inzwischen vermeldet, dass sämtliche Filialen des Discounters wie gewohnt geöffnet haben werden.

Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und das Bundesgesundheitsministerium sahen sich am Samstagnachmittag auf Twitter unter dem Titel "Achtung, Fake-News" zu einer Klarstellung genötigt: "Es wird behauptet und rasch verbreitet, das Bundesministerium für Gesundheit / die Bundesregierung würde bald massive weitere Einschränkungen des öffentlichen Lebens ankündigen. Das stimmt nicht!"

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Manche Falschmeldungen sind gefährlich

Viele Falschmeldungen führen zu Verunsicherung und unnötiger Hysterie – "nur" muss man dazu sagen. Denn es gibt auch solche, die gefährlich sind. Zum Beispiel propagieren Anhänger des angeblichen Wundermittels MMS (Miracle Mineral Supplement) auf Internetseiten, in den sozialen Netzwerken und ebenfalls per gut gemeintem Tipp in Whatsapp-Gruppen die Einnahme von Chlordioxidlösungen gegen das Coronavirus. Sie verweisen dabei auf eine tatsächlich existierende, 15 Jahre alte Studie, in der es um das Sars-Virus, eine andere Art des Coronavirus, ging.

"Chlordioxid wirkt auf Haut und Schleimhaut je nach Konzentration reizend bis ätzend. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Nierenversagen, schwere Darmschädigungen und Blutdruckabfall können die Folge sein." Verbraucherzentrale
Getestet wurde damals, inwieweit die Viren in Wasser überleben und wie effektiv Desinfektionsmittel wie Chlordioxid sie abtöten können. Davon, dass Menschen diese ätzende, sehr giftige Substanz trinken sollten, war nie die Rede. Der Bundesverband Verbraucherzentrale warnt: "Chlordioxid wirkt auf Haut und Schleimhaut je nach Konzentration reizend bis ätzend. Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Nierenversagen, schwere Darmschädigungen und Blutdruckabfall können die Folge sein." Auch von einem Todesfall wird berichtet.

Zwiebeln sollen das Coronavirus aufsaugen – und Luftanhalten als Selbsttest dienen

Dagegen nehmen sich andere Fake News fast schon niedlich aus. Zum Beispiel der ebenfalls oft geteilte Hinweis, man möge aufgeschnittene Zwiebeln im Wohnzimmer und auf dem Nachttisch auslegen, da darin enthaltene Wirkstoffe das Coronavirus aus einem quasi heraussaugen. Zwiebeln – und auch Knoblauch – unterstützen in der Tat die körpereigenen Abwehrkräfte, doch dafür muss man sie regelmäßig essen. Und ein Zusammenhang mit dem Coronavirus ist nicht nachgewiesen.



Wirkungslos ist auch eine Maßnahme, die in einem Kettenbrief empfohlen wird, der mit "So werden die Menschen in Kanada informiert" beginnt. Der Verfasser rät, alle 15 Minuten einen Schluck Wasser zu trinken, weil so das Virus – falls es denn in den Mund gelange – in den Magen gespült und von der dort vorhandenen Säure getötet werde. "Das ist falsch", sagt dazu Winfried Kern, Leiter der Infektiologie an der Uniklinik Freiburg.

Der Kettenbrief empfiehlt zudem einen Selbsttest: "Atmen Sie tief ein und halten Sie den Atem für mehr als zehn Sekunden an. Wenn Sie die Untersuchung ohne Husten, ohne Beschwerden, ohne Prallheit oder Engegefühl erfolgreich durchführen, beweist dies, dass keine Fibrose in den Lungen vorliegt, was im Grunde genommen auf keine Infektion hinweist." Das, so Kern, sei natürlich kein Test zum Nachweis der Infektion.

Ressort: Deutschland

Dossier: Coronavirus Fakten

  • Zum Artikel aus der gedruckten BZ vom Mo, 16. März 2020:
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