Osterei-Museum in Sonnenbühl

Eier aus Künstlers Hand

Das Osterei-Museum in Sonnenbühl bei Reutlingen zeigt individuelle Techniken bei der Gestaltung der Ostereier. Es gibt viel zu entdecken.

Sonnenbühl auf der Schwäbischen Alb liegt zwar nicht gerade ums Eck, ist aber gerade in den Wochen vor Ostern eine Reise wert: Seit 27 Jahren gibt es in dem Ort das erste Deutsche Osterei-Museum. Zuerst werden die Eier – weiße natürlich – vorsichtig ausgeblasen und dann mit bunten Farben bemalt. Ein dünner Faden wird um ein halbes Streichholz geknotet und in einem der Ausblaslöcher versenkt. Das Ganze dient als Aufhängung der kleinen Schätze. Für viele Familien ist die vorösterliche Zeit ohne diese Basteltradition gar nicht denkbar. Ostereierschmuck selfmade – auch wir haben einigen davon zu Hause.

Dass das Verzieren von Ostereiern eine uralte Geschichte und tief im Brauchtum verankert ist, gerät oft in Vergessenheit und wird bei einem Besuch im Osterei-Museum in Sonnenbühl (das ist etwa 20 Kilometer von Reutlingen entfernt) deutlich. Mehr als 1000 filigran und eindrucksvoll gestaltete ovale Kunstwerke sind in den Schauvitrinen zu bewundern und das aus vielen Teilen der Welt.

Kostbare Eier aus russischen Goldschmiedewerkstätten zum Beispiel oder handbemalte Ikoneneier. Eier aus Ungarn, die mit kleinen Hufeisen beschlagen sind, sowie Exponate aus Böhmen, Mähren und Polen. Typisch im Osten und in Sonnenbühl ausgestellt: farbige Scherenschnitte auf dünnen Eierschalen. Spärlicher gepflegt wurde das Brauchtum im westlichen Europa.

In Deutschland sind nur Hessen und die Lausitz die Regionen, in denen das Eier Verzieren noch lebendig ist.

Warum das kleine Oval aus Kalk so fasziniert? Wohl weil es – anders als eine Leinwand – dreidimensional ist und rundherum bearbeitet werden kann. In der Ausstellung zu sehen sind klassische Varianten mit christlichen Motiven, aber auch äußerst kreative, teils ganz moderne. Der Besucherliebling im Museum: ein Pop-Art-Hühnerei mit original Coca-Cola-Schriftzug und echter Aufreißlasche.

1983 übrigens kam in dem Ort bereits die Idee auf, Brauchtums-, Kunst- und Schmuckeier zu sammeln und zu präsentieren. 1993 öffnete das Museum im alten, aus dem 19. Jahrhundert stammenden Schulhaus des Sonnenbühler Ortsteils Erpfingen seine Tore.

Seither wächst die Sammlung kontinuierlich. Hühner-, Gänse-, Enten- und auch Emu- oder Straußeneier, bemalt, lackiert, gefräst, perforiert, bestickt und beklebt. Jedes Oval ist ein ganz besonderes Unikat.

Aber wie kommen die Scherenschnitte auf die Rundung oder die russischen Lacke auf die zerbrechlichen Schalen? Bei einem kunsthandwerklichen Ostermarkt werden Bearbeitungsweisen und individuelle Techniken gezeigt und erläutert. Rund 20 Künstlerinnen und Künstler lassen sich drei Wochen lang bei ihrer diffizilen Arbeit über die Schulter schauen. Die österlichen Kunstwerke entstehen so Schritt für Schritt vor den Augen der Besucher.

Der Austausch zwischen den Kunsthandwerkern und den Gästen ist den Machern von jeher ein Anliegen, ja so etwas wie eine Herzenssache. Und wer weiß, es ist ja noch genügend Zeit bis Ostern: Vielleicht lässt sich der ein oder andere inspirieren – für den Familienbastelnachmittag zu Hause.
Osterei-Museum Sonnenbühl, Sonnenbühl-Erpfingen, Steigstraße 8, bis 1. Juni: Di–So und feiertags 11 – 17 Uhr, Mo geschlossen, außer Ostermontag und Pfingstmontag, Eintritt: 4,50 Euro (ermäßigt 3,50 Euro); Kinder zwischen 6 und 14 Jahren 2,50 Euro; Familienkarte 10 Euro.
Tipp: 21. März bis 13. April: Kunsthandwerklicher Ostermarkt; Infos:
http://www.sonnenbuehl.de
von Ulrike Ott
am So, 15. März 2020 um 07:00 Uhr

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