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Es fühlt sich an wie endlose Ferien

Emma Nentwig

Von

Sa, 26. August 2017

Neues für Schüler

Ein halbes Jahr nach dem Abitur liegt die Schulzeit nicht allzu lang zurück, Nostalgie will aber noch nicht aufkommen.

Vor rund anderthalb Monaten war meine letzte Abiprüfung am Lahrer Max-Planck-Gymnasium. Am 1. Juli war der Ball. Nachts, wahrscheinlich so gegen 4 Uhr, habe ich die Feierlichkeiten verlassen. Seitdem bin ich keine Schülerin mehr. Als mich neulich jemand fragte, was ich beruflich mache, musste ich kurz nachdenken. Schülerin? Nein, eben nicht mehr. Bin ich denn jetzt arbeitslos?

Es fühlt sich an, als seien lange, unbegrenzte Ferien. Man geht mit Freunden in Urlaub oder trifft sich in der Stadt. Überhaupt schien die Innenstadt in der Zeit nach dem Abi von Abiturienten zu wimmeln, die nicht so ganz wissen wohin mit sich, und vor Eisdielen sitzen. Man trifft ständig irgendwen zufällig am Baggersee oder vormittags an Supermarktkassen. Dabei sind die Unterhaltungen immer ziemlich ähnlich: "Und, was machst du jetzt so?", "Ach, und der hat seinen Studienplatz bekommen? Super!"

Von der Schule kommt man trotzdem nicht ganz los. Man parkt am Max, weil man es gewohnt ist, und es direkt an der Innenstadt liegt. Mit dem Fahrrad fährt man durch, wenn man Richtung Kuhbach will. Wer Basketball spielen will, trifft sich auch auf dem Schulhof. In der ersten Woche nach dem Abi war sowieso ständig immer irgendwer in der Schule, auf dem Sekretariat. Dinge klären.

Was ich an der Schule vermisse? Ehrlich gesagt: Bis jetzt noch nicht viel. Es fehlt vielleicht der Klassenkamerad, den man immer ganz gern hatte, aber nie wirklich was mit ihm zu tun hatte. Oder der Lehrer, mit dem man das letzte Bundesligaspiel durchdiskutierte oder der einem immer mal wieder einen Film, ein Buch (meistens auf Englisch!) oder eine Platte lieh. Jetzt fällt einem auch auf, dass Purpurbuchen rote Blätter haben, aber wie ist es dann mit der Fotosynthese? Wo ist der Biolehrer, wenn man ihn braucht?

In Englisch wurden wir beinahe in jeder Stunde mit den neusten Heldentaten des amerikanischen Präsidenten konfrontiert, ob man wollte oder nicht. Jetzt muss man sich auf einmal selbst informieren. Oder lässt es einfach bleiben.

Neulich stand ich in Budapest in einem Kunstmuseum und mir wurde klar, wie viel ich nicht weiß. Wie war das nochmal mit El Greco? Jahrelang wollte ich nichts von Kunsttheorie hören, jetzt hätte ich tatsächlich einiges dafür gegeben.

Trotzdem ist es gut, die Schule verlassen zu haben, man spürt eine ganz neue Verantwortung, es fehlt das gut behütete Verhältnis. Das Schlimmste, das uns immer passieren konnte, war auf der Direktion zu landen. Jener Rektor sprach in seiner Abschlussrede von einem Reifezeugnis und wir haben gelacht. Vielleicht hatte er doch recht. Wenn ein Lehrer eine letzte Mail nach dem Abi plötzlich nur noch mit dem Anfangsbuchstaben seines Vornamens statt seinen Initialen unterschreibt, ist das komisch.

Seltsam ist das alles schon, aber solange man anderweitig beschäftigt ist, sind keine großen Gedanken der Nostalgie da. Denn das Leben geht weiter und hat ja auch so viel mehr zu bieten als Schule. Auch wenn man manchmal tatsächlich etwas Interessantes oder Sinnvolles gelernt hat – und es auch noch so viel zu lernen gäbe.

Ressort: Neues für Schüler

Dossier: Jugendredaktion Lahr

  • Veröffentlicht in der gedruckten Ausgabe der BZ vom Sa, 26. August 2017:
  • Zeitungsartikel im Zeitungslayout: PDF-Version herunterladen

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