Finger in die offene Wunde

Plakatkunst von Klaus Staeck ist bis 3. März im Badischen Kunstforum in Ebringen zu sehen.

EBRINGEN. Die sechziger, siebziger und achtziger Jahre als junger Erwachsener miterlebt zu haben bedeutet, in irgendeiner Weise auf den Namen Klaus Staeck gestoßen zu sein. Ob eher konservativ und systemkonform, ob dem linken Lager zugeneigt oder angehörend – an ihm und seinen Plakaten kam niemand vorbei. Viele davon sind nun im "Badischen Kunstforum" zu sehen.

Dass Klaus Staeck bis heute nicht müde geworden ist, den Finger in offene Wunden zu legen, beweist er mit Produktionen aus jüngster Zeit, in denen er etwa die Flüchtlingsproblematik oder die einseitige Wahrnehmung der Welt – und das nicht nur, aber auch in Deutschland – thematisiert. Einprägsames Beispiel hierfür ist die Verbindung eines klassischen Gemäldes, das den dramatischen Schiffbruch einer Menschengruppe zeigt, mit dem aus einem Sternenkranz bestehenden Europaemblem. Galerist und Hausherr Hans Benesch bedauerte in seiner Begrüßung der Vernissagegäste sehr, dass der Urheber der Werke nicht persönlich anwesend war, da er, nun fast achtzigjährig und gesundheitlich angeschlagen, nicht reisefähig gewesen sei.

Den Zusammenhang zwischen Denken und Sehen zeigte in seiner Einführung Franz Armin Morat am Beispiel der Abhandlung "L’oeil et l’esprit (Das Auge und der Geist)" des französischen Philosophen Maurice Merleau-Ponty auf. Denn, so Morat, nach dem Prinzip dieser Symbiose habe Staeck sein Leben lang seine Motive ausgewählt, allerdings häufig ergänzt durch Schlagworte oder Texte, die der jeweiligen Aussage noch mehr Kraft verleihen sollten. Dabei schreckte Staeck nicht vor drastischen Formulierungen zurück, was ihm oft Anfeindungen bis hin zu juristischen Auseinandersetzungen bescherte.

Die Liste der Prozesse, die ihm seine Kompromisslosigkeit bescherte, ist lang, angefangen mit seiner 1962 organisierten ersten politischen Demonstration in Heidelberg anlässlich der "Spiegelaffäre".

Seit 1970 Grafiker im Bereich der Politsatire

Daraus folgte 1965 die Gründung des Produzentenverlags "Edition Tangente" (heute: "Edition Staeck"), die seit Ende der 1960er Jahre auch Auflagenobjekte von international anerkannten Künstlern herausgibt, so von Joseph Beuys, mit dem er seit 1968 zusammenarbeitete, und vielen anderen.

Nachdem Klaus Staeck 1968 seine Zulassung als Rechtsanwalt in Heidelberg und Mannheim erhalten hatte, betätigte er sich ab 1970 als Grafiker im Bereich der Politsatire. Seine Plakate und die von ihm kommerziell vertriebenen Postkarten richteten sich häufig gegen Inhalte der Politik von CDU/CSU, was immer wieder zu gerichtlichen Auseinandersetzungen mit Politikern in konservativen Kreisen führte. Die daraus entstehenden Eklats konnte er jedoch fast immer zu seinen Gunsten parieren, wie sich öffentlichkeitswirksam in der Presse nachlesen ließ, und was seinen Bekanntheitsgrad nicht unwesentlich steigerte. Man erinnere sich an sein Plakat "Deutsche Arbeiter! Die SPD will euch eure Villen im Tessin wegnehmen!", anlässlich der Bundestagswahl 1972. Das Plakat erreichte eine Druckauflage von 75 000 Exemplaren und ist das bekannteste seiner Motive. Mit einem davon kann nun in Ebringen Wiedersehen gefeiert werden. Zahlreiche Auszeichnungen wurden Staeck zuteil, bis hin zur Präsidentschaft der Berliner Akademie der Künste.

Besonders in den siebziger und achtziger Jahren waren seine Grafiken populär, so dass er von den Erlösen des Postkartenvertriebs leben konnte. Das Badische Kunstforum kann dank des guten Kontakts zum Künstler einige dieser Arbeiten mit der Originalsignatur anbieten. Dass sie nach wie vor gefragt sind, zeigt eine kleine Geschichte, die der Galerist anlässlich der Vernissage erzählte.

Aufgrund der Vorankündigung hatte sich bei ihm eine betagte Dame gemeldet, die ein gerahmtes Plakat aus ihrer Sturm- und Drangzeit besaß, das sie nun zur Verfügung stellte und das aktuell in den Räumen der Galerie zu sehen ist.

Info: Die Ausstellung Klaus Staeck, Plakatkunst ist im Badischen Kunstforum, Schönbergstraße 11, in Ebringen zu sehen. Geöffnet ist die Ausstellung am Samstag und Sonntag, 15 bis 18 Uhr, und nach Vereinbarung, Tel. 07664/600460.
von Anne Freyer
am Di, 14. Februar 2017

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