Literatur

Freiburg ehrt den Schriftsteller Heinrich Böll mit einer Tagung und umfangreichem Begleitprogramm

Freiburg ehrt Heinrich Böll mit einer Tagung und umfangreichem Begleitprogramm.

Heinrich Böll war ein Sartre für die Deutschen: Er bezog öffentlich Stellung zu aktuellen Streitfragen, er ging auf die Straße, um zu protestieren, er gewährte verfolgten Schriftstellern Unterschlupf, und er schrieb Texte, die die Leser bis heute spalten.

Als die Katholische Akademie, das Studium generale und die Heinrich- Böll-Stiftung ankündigten, zum 100. Geburtstag des Schriftstellers eine Tagung zu veranstalten, fielen die Reaktionen gespalten aus. Von katholischer Seite wurde bemängelt, dass Böll doch aus der Kirche ausgetreten war, jüngeren Studierenden sagte der Name kaum etwas, die älteren fanden ihn überholt, andere wiederum fanden die Idee spannend, ihre alten Böll-Werke mal wieder zu entstauben – anscheinend polarisiert Böll immer noch.

In diesem Spannungsfeld will die Tagung, der politischen, literarischen und ästhetischen Aktualität des Autors nachspüren, der im Lauf der Zeit fast vergessen war, der aber mit der bundesdeutschen Geschichte von der Adenauer-Ära über den Terrorismus der RAF bis zu den Anfängen der Grünen eng verbunden bleibt. Dass mit den drei Organisatoren in Freiburg ganz unterschiedliche Gruppen angesprochen werden, macht die Sache besonders spannend. "Wir nennen es Tagung", erzählt Werner Frick, der die Organisation für das Studium generale übernommen hat. "Aber es ist keine bloße Abfolge von Vorträgen. Vielmehr wird es ein großes, vielstimmiges Palaver."

Die Tagung vom 8. bis 10. Dezember wird dreigeteilt sein: Böll als Schriftsteller, Böll als Katholik und Böll als öffentlicher Intellektueller. Zu jedem Teil spricht jeweils ein Experte, dann gibt es eine Podiumsdiskussion, die im Anschluss für das Publikum geöffnet wird. So sollen die Diskussionen möglichst offen sein und die Zuhörer mit einbezogen werden.

Die Abende sind ebenfalls offen, bei Brot, Wein und kurzen Böll-Filmen können die Gäste ins Gespräch kommen. "Sehr schön ist, dass auch alle Vortragenden die ganze Zeit vor Ort sind. So können gute Gespräche entstehen", freut sich Josef Mackert, der die Organisation für die Katholische Akademie übernommen hat. Allein mit dem Tagungsprogramm wird es in Freiburg die umfassendste Würdigung Bölls in Deutschland geben.

Und durch das Begleitprogramm wird das noch einmal übertroffen: Im Centre Culturel Français hat diese Woche eine Ausstellung geöffnet, die noch bis zu Bölls 100. Geburtstag am 21. Dezember zu sehen ist, und im Kommunalen Kino werden Filme gezeigt, die Texte Bölls zur Vorlage haben, jeweils mit einer kurzen Einführung. Der Klassiker von Volker Schlöndorff und Margarethe von Trotta "Die verlorene Ehre der Katharina Blum" wird gezeigt ebenso wie "Gruppenbild mit Dame" von 1977, "sicherlich der reichste Roman Bölls, aber eine ästhetisch fragwürdige Verfilmung – jedoch mit Starbesetzung", bemerkt Frick. Aber auch aus ästhetischen Fehlern lasse sich ja viel lernen – was, das wird er selbst erklären, denn zu diesem Film wird er die Einführung halten. Im Anschluss an den Film am 21. Dezember findet eine Geburtstagsfeier für Böll im Alten Wiehrebahnhof statt – schließlich lebt der Mensch nicht von der Literatur allein, auch dann nicht, wenn sie so spannend präsentiert wird wie jetzt in Freiburg.

Termin: Freiburg, Tagung, Kath. Akademie, (Wintererstr. 1). 8.–10. Dez., Anmeldung bis 4. Dez. unter Tel. 0761/319180 oder per Mail an: mail@katholische-akademie-freiburg.de

Ausstellung: Centre Culturel Français (Münsterplatz 11), Mo bis Do 9–17.30, Fr 9-14, Sa 11-14 Uhr

Filmreihe im Kommunalen Kino, Alter Wiehrebahnhof, am 11., 14., 18. und 21. Dez., jeweils um 19.30 Uhr
von Manuel Fritsch
am Fr, 01. Dezember 2017

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