Oper

Gioachino Rossinis Oper "La pietra del paragone" an der Freiburger Musikhochschule

TICKET-INTERVIEW: Attilio Cremonesi dirigiert Rossinis Oper "La pietra del paragone".

Mit der Rossini-Oper "La pietra del paragone" (1812) präsentiert die Freiburger Musikhochschule eine Rarität. Die musikalische Leitung hat Gastdozent Attilio Cremonesi übernommen, der für ein Semester den emeritierten Professor Aziz Kortel vertritt. Georg Rudiger hat sich vorab mit dem italienischen Dirigenten unterhalten.

Ticket: Sie dirigieren erstmals ein Projekt an der Freiburger Musikhochschule. Wie kam es dazu?
Cremonesi: Alexander Schulin, der Leiter des Instituts für Musiktheater, hat mich gefragt. Wir kennen uns schon seit über 20 Jahren. Damals haben wir uns an der Berliner Staatsoper getroffen, wo er eine Assistenz hatte. Wir wollten schon immer mal was zusammen machen.
Ticket: Sie gelten als Rossini-Experte. Was mögen Sie an seiner Musik?
Cremonesi: Rossini steht am Ende der großen italienischen Belcanto-Tradition. Seine Melodien sind außergewöhnlich. Rossini hatte ein besonderes Feeling für Theater. Das betrifft auch die Melodik. Manchmal passiert mitten in einer Phrase etwas Außergewöhnliches. Er ist immer für Überraschungen gut. In Italien hatte er den Spitznamen "Il tedeschino", der kleine Deutsche, weil er die Musik von Mozart und Beethoven so schätzte und auch seine Orchesterbehandlung dichter und aufregender gestaltete als seine Landsleute.
Ticket: Was muss man bei der Beschäftigung mit Rossini beachten?
Cremonesi: Natürlich ist die Verzierungskunst des Komponisten wichtig. Er hat seine Verzierungen notiert, weil er mit der gängigen Praxis der Sänger nicht einverstanden war. Hier ist als Quelle auch ein Buch von Manuel Garcia interessant, dessen Vater viele Tenorpartien Rossinis sang. Für das Orchester ist es wichtig, dass ein "Tempo rubato" nur die Sänger betrifft. Die Instrumentalisten müssen cool bleiben und genau im Metrum spielen. Nur die Gesangssolisten dürfen sich kleine Freiheiten erlauben, müssen dann aber wieder in den Fluss der Musik finden. Das ist nicht einfach.
Ticket: Die im Alter von 20 Jahren komponierte Oper "La pietra del paragone" war das erste Auftragswerk Rossinis für die Mailänder Scala und hatte einen enormen Erfolg. Warum kennt man sie heute nicht mehr?
Cremonesi: In Deutschland kennt man von Rossini fast nur "Il Barbiere di Siviglia", "La Cenerentola" und vielleicht noch "L’Italiana in Algeri". Auch ich kannte die Oper nur vom Namen. Rossini hat hier vielleicht etwas schlichter komponiert als in späteren Werken. Er hatte für die Uraufführung die besten Sänger und Sängerinnen zur Verfügung wie die bekannte Altistin Marietta Macolini für die Hauptpartie der Clarice, die allein mit ihrer Stimme das Publikum begeisterte. In diesem Frühwerk ist schon alles drin, was Rossini kennzeichnet: betörende Melodien, eine geistreiche Instrumentation, mitreißende Steigerungen.
Ticket: Um was geht es?
Cremonesi: Natürlich wie fast immer bei Rossini um Liebe und Eifersucht. Drei Frauen werben um den reichen Grafen Asdrubale. Zwei von ihnen haben es nur auf sein Geld abgesehen. Eine davon, die Marquise Clarice, liebt ihn wirklich. Um die wahren Gefühle herauszubekommen, arbeitet man mit Verkleidungen. Zunächst testet Asdrubale die Frauen, dann prüft Clarice den Grafen. Den Titel der Oper haben wir mit "Der Lackmustest" übersetzt.
Ticket: Wie erzählt Regisseur Alexander Schulin die Geschichte für ein heutiges Publikum?
Cremonesi: Er baut eine reflektierende Ebene mit ein, die es dem Zuschauer ermöglicht, die Darsteller von zwei Seiten zu sehen. Es passiert Allgemeingültiges, das den Zuschauer heute genauso direkt anspringen wird wie vor 200 Jahren: beispielsweise die Verirrungen von Verliebten, die sich lange ihre wahren Gefühle nicht eingestehen wollen. Das alles changiert zwischen großen Gefühlen und höchst komischen, rasanten Ensembles, die die jungen Sänger ganz direkt und höchst überzeugend rüberbringen.

Termine: Freiburg, "La pietra del paragone", Musikhochschule, Premiere: Fr, 19. Jan., 19 Uhr; weitere Aufführungen: 20., 22. und 24. Jan., jeweils 19 Uhr; BZ-Kartenservice Tel. 0761/4968888 sowie unter bz-ticket.de
von ruge
am Fr, 19. Januar 2018

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