Theater

Interview mit Dramaturg Andreas Karlaganis zum „Hamlet“ am Zürcher Schauspielhaus

TICKET-INTERVIEW: Andreas Karlaganis zum "Hamlet" am Zürcher Schauspielhaus.

Es ist ein Stück, das schon auf vielen Bühnen der Welt ungezählte Male zu sehen war. Trotzdem oder gerade deshalb wird Regisseurin Barbara Frey in ihrer letzten Spielzeit als Intendantin am Schauspielhaus Zürich als Auftakt Shakespeares "Hamlet" inszenieren. Ihr Stellvertreter und geschäftsführender Dramaturg Andreas Karlaganis (43) hat Sarah Beha erzählt, wie das Team "Hamlet" ganz neu inszenieren möchte.

Ticket: "Hamlet" eröffnet die neue Spielzeit des Schauspielhauses. Warum jetzt gerade dieses Stück?
Karlaganis: Weil es eines der größten und rätselhaftesten Stücke ist, das die Dramenliteratur hervorgebracht hat. Gleichzeitig markiert diese Spielzeit das letzte Jahr in Barbara Freys zehnjähriger Intendanz in Zürich. Es ist das sechste Mal, dass sie Shakespeare inszeniert, und sie sucht dabei immer nach einem speziellen Zugriff. Dazu kommt, dass wir auf einen Schauspieler gestoßen sind, Jan Bülow, mit dem Barbara Frey das Stück gerne realisieren wollte.

Ticket: Wie kann man so einen alten und vielgespielten Stoff neu inszenieren?

Karlaganis: Wir, das heißt die Regie, Dramaturgie und die Schauspieler, versuchen, immer wieder andere Wege zu gehen. Die Schlüsselszenen, wie der Auftritt des Geistes, das Stück im Stück oder der Wahnsinn Ophelias, werden in unserer Deutung mit Musik erzählt und gelöst.

Ticket: Wie sind Sie an den Text herangegangen?

Karlaganis: Es gibt eine sehr poetische und trotzdem moderne Übertragung des Stückes ins Deutsche von Elisabeth Plessen, auf die wir zurückgegriffen haben. Wir haben sie gekürzt, aber alle Schlüsselszenen, wie auch die großen Monologe von Hamlet, werden bei uns zu sehen sein. Die Poesie des Textes war für uns ein wichtiger Wegweiser. Unsere Deutung sucht nach dem Wesen der Kunst. Denn Kunst, in diesem Fall das Theater, setzt bei Hamlet Entscheidendes in Bewegung. Er droht an der realen Welt zu verzweifeln und versucht, mit Hilfe eines Theaterstücks, die Dinge wieder ins Lot zu bringen – was ihm bekanntlich nicht gelingt.

Ticket: Werden die Zuschauer also einen melancholischen Hamlet zu sehen bekommen?

Karlaganis: Er ist vor allem ein junger Hamlet. Jan Bülow ist erst 22 Jahre alt. Ein Alter, in dem wahrscheinlich jeder von uns damit begonnen hat, an der Welt zu zweifeln. Hamlet konfrontiert sich mit dem Schlechten in der Welt und weiß zunächst nicht, wie er darauf reagieren kann. Er sieht und empfindet Lebensekel. Dieses Gefühl verkörpert unser Darsteller ganz stark. Daran orientieren wir uns und machen den Hamlet nicht konzeptionell zum großen Rächer oder Melancholiker. Er ist einfach ein junger, sensibler Mensch, der auch launisch und ungerecht sein kann. Er sieht das Übel in der Welt und verzweifelt daran.

Ticket: In der Vorschau zum Stück steht, dass Barbara Frey der Präsenz des Abwesenden nachgehen möchte. Was bedeutet das?

Karlaganis: Zum einen ist da der Geist des alten Hamlets, der erscheint. Das Abwesende, der Tod, ist gleich zu Beginn leibhaftig auf der Bühne präsent. Zum anderen wird in diesem Stück ständig beobachtet und überwacht. Oft ahnt man nur, wer alles anwesend sein könnte. Das versuchen wir mit der Musik, aber auch mit unserer Bühne darzustellen. Es ist eigentlich die Rückansicht einer Bühne, Backstage quasi. Das erlaubt uns, eine sehr vielschichtige Lichtregie anzuwenden. Wir können wie in einem Film noir Bilder erzeugen und Spannungen aufbauen.

Termine: Zürich, "Hamlet", Pfauen, Premiere: Do, 13. Sept., 20 Uhr. Weitere Aufführungen: 17., 26. und 30. Sept.;
Info unter http://www.schauspielhaus.ch
von sabe
am Fr, 07. September 2018

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