"Jeder hat mehr als nur eine Seite"

TICKET-INTERVIEW: Die Schauspielerin Rosamund Pike über den Western "Feinde – Hostiles".

Als Bond-Girl in "Stirb an einem anderen Tag" begann für Rosamund Pike (39) der Aufstieg im Filmgeschäft. Seither hat sich die Britin als vielseitige Schauspielerin etabliert. Sie überzeugte in Komödien wie "Johnny English – Jetzt erst recht!" und Thrillern wie "Gone Girl". Derzeit ist sie in "7 Tage in Entebbe" als Terroristin zu sehen. Im Western "Feinde – Hostiles" erleben wir sie als Witwe, deren Familie von Indianern ermordet wurde. Markus Tschiedert traf Rosamund Pike zum Gespräch.

Ticket: Wie empfanden Sie es, erstmals in einem Western mitzuspielen?
Pike: Das war eine wunderbare Erfahrung, weil jede Szene vor überwältigenden Naturlandschaften gedreht wurde. Unsere Spielwiese war also nicht auf vier Wände reduziert. Wir saßen jeden Tag auf Pferden, galoppierten durch die Gegend, und dann gab es auch noch Kampfszenen. Das ist etwas, wovon man als Kind nur träumen kann.
Ticket: Reizte Sie auch die Geschichte des Films?
Pike: Die Geschichte scheint erst einmal ziemlich simpel zu sein. Aber wenn man sich mit ihr auseinandersetzt, entdeckt man, dass so viel mehr dahintersteckt. Eine riesige Kulturlandschaft, in der die menschliche Seele augenblicklich auf Reisen gehen kann. Das war für mich ungeheuer aufregend und erfüllend.
Ticket: Wie haben Sie sich in dieser von Männern dominierten Welt des Wilden Westens die Figur der Witwe Rosalie Quaid erarbeitet?
Pike: Da bin ich wie immer vorgegangen. Wenn man sich für eine Figur interessiert, geht man in sie hinein, um die verschiedenen Seiten ihres Charakters auszuloten. Ich spiele natürlich gern heroische Frauen und habe gerade den Film "A Private War" abgedreht, in dem ich eine Kriegsberichterstatterin spiele, die 2012 in Syrien getötet wurde. Das muss eine unglaubliche Frau gewesen sein. Dennoch glaube ich, dass die Großartigkeit einer Person nur herausgestellt werden kann, wenn man in manche ihrer Abgründe blickt. Menschlichkeit – genau das interessiert mich. Denn jeder Mensch hat mehr als nur eine Seite.
Ticket: Sie sind heute eine erfolgreiche Schauspielerin. Hat es Ihnen geholfen, Ihre Karriere als Bond-Girl zu beginnen?
Pike: Sie meinen, ob das von Vorteil war? Nicht wirklich! Letztlich war es mein Anfang, der mir aber keine weiteren Rollen einbrachte. Ich würde sogar sagen, ich musste doppelt so hart um Rollen kämpfen. Ich weiß nicht, welche Vorstellungen man hierzulande hat, aber generell wird ein Bond-Girl nicht gleich mit einer großartigen Schauspielerin gleichgesetzt.
Ticket: Ist der Begriff Bond-Girl Ihrer Ansicht nach heute noch zulässig?
Pike: Ich denke schon, aber das ist sicher auch eine Zeitsache. Tatsächlich spielte ich in "Stirb an einem anderen Tag" die Schurkin und habe immer Halle Berry in dem Film als das Bond-Girl gesehen. Sie spielte die Figur, die man mag, während ich die komplizierte Gegenspielerin mimte. Es hat mir ja Spaß gemacht, in einem Bond-Film dabei zu sein. Das war wie ein Ritt auf einem magischen Teppich, und bis heute ist es das größte Kinoprojekt, an dem ich beteiligt war.
Ticket: Letztlich sehnten Sie sich aber wohl doch mehr nach anspruchsvolleren Rollen...
Pike: Damals war ich in einem Alter, in dem ich nicht wirklich wusste, in welche Richtung ich gehen sollte. Ich hatte damals nie einen Bond-Film gesehen, war aber plötzlich für einen gecastet worden. Das klingt wahrscheinlich unglaublich, ist aber wahr. Jetzt bin ich in einem Alter, mir eine Karriere aufzubauen, wie ich sie mir vorstelle, aber doch nicht mit 20.
Ticket: Wieso nicht?
Pike: Es ist ein Mythos, zu glauben man hätte in diesem Geschäft unbedingt die Wahl. Man kann sich als Schauspielerin schon glücklich schätzen, überhaupt Arbeit zu bekommen. Deshalb nimmt man den Job, so sehe ich das zumindest.
von tsc
am Fr, 01. Juni 2018

Info

Feinde – Hostiles

Regie: Scott Cooper
Mit Christian Bale, Rosamund Pike, Adam Beach, Wes Studi, Scott Sheperd und anderen
134 Minuten, frei ab 16 Jahren

Die Story
Widerwillig eskortiert der Kavallerie-Offizier Blocker (Christian Bale) den sterbenden Cheyenne-Häuptling Yellow Hawk (Wes Studi) in sein Heimatland. Beide empfinden füreinander Misstrauen. Unterwegs retten sie eine Rosalie Quaid (Rosamund Pike), die seit der Ermordung ihrer Familie durch einen Komantschen-Überfall traumatisiert ist.  

Autor: bz

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