Ticket-Interview

Jojo Moyes über die Verfilmung ihres iRomans „Ein ganzes halbes Jahr“

TICKET-INTERVIEW: Jojo Moyes über die Verfilmung ihres Bestsellerromans "Ein ganzes halbes Jahr".

Mit über 1,2 Millionen Exemplaren gehörte "Ein ganzes halbes Jahr" 2013 zu den erfolgreichsten Romanen in Deutschland. Eine Verfilmung ließ nicht lange auf sich warten. So erfüllt sich für die britische Autorin Pauline Sara Jo "Jojo" Moyes (46) ein Traum. Erst vor 14 Jahren schrieb sie ihren ersten Roman und gilt inzwischen als Expertin für romantische Lovestorys. Von ihren bisher 13 Büchern sollen weitere verfilmt werden. Markus Tschiedert traf die Schriftstellerin zum Interview.

Ticket: Einen Roman zu schreiben ist eine Sache, das Ganze dann im Kino zu erleben...
Moyes: ... etwas völlig anderes! Ja, von dem Moment an, als MGM die Filmrechte kaufte, übers Schreiben bis zum fertigen Film war es ein langer Prozess. Das hatte schon was, als ich ihn dann das erste Mal im Kino sah und nach dem MGM-Logo meinen Namen auf der großen Leinwand las. Das fühlte sich surreal an, aber es passierte wirklich.
Ticket: Woher wissen Sie, was Millionen Frauen wollen oder Männer?
Moyes: Das weiß ich noch gar nicht, da müssen wir abwarten, wie der Film ankommt. Aber ich habe gern gehört, dass unter den Journalisten in Amerika auch Männer waren, die weinen mussten. Ich gebe mir jedes Mal drei Punkte, wenn ein Mann weint. Ansonsten denke ich, dass man sich keine Zielgruppe aussuchen kann, sondern die Geschichte schreiben muss, die einem gerade im Kopf herumspukt. Sie muss nicht populär sein, Hauptsache, sie wird ehrlich erzählt. Dann bekommt man Resonanz.
Ticket: Wie kam Ihnen die Story zu "Ein ganzes halbes Jahr" in den Sinn?
Moyes: Zu der Zeit, als ich das Buch anfing, gab es zwei Verwandte, die rund um die Uhr betreut werden mussten. Unsere Familie musste sich plötzlich mit Fragen beschäftigen über Lebensqualität und darüber, wie man jemandem, den man liebt, Hoffnung, Freude und Würde schenkt, auch wenn eine Krankheit das alles nicht mehr zulässt. Beim Schreiben konnte ich damit meine Traurigkeit und Ängste verarbeiten. Ausschlaggebend war aber ein anderes Erlebnis.
Ticket: Wollen Sie erzählen?
Moyes: Es war, als ich meine Kinder mit dem Auto nach Hause fuhr und im Radio von einem jungen Athleten hörte, der durch einen Unfall gelähmt war und seine Eltern Jahre später überredete, ihn in Würde sterben zu lassen, indem er Selbstmord begeht. Diese Geschichte hatte mich schockiert.
Ticket: Die Geburtsstunde eines neuen Romans?
Moyes: Nicht sofort, denn zuerst stellte ich mir vor, in seiner Haut zu stecken. Was wäre, wenn ich für immer gelähmt sein würde? Ebenso versuchte ich, mich in seine Mutter hineinzuversetzen. So entstand für mich allmählich eine Geschichte, die ich dann meinem Verleger vorstellte. Aber der war nicht interessiert. So schrieb ich auf eigene Faust und fand einen anderen Verleger, und nun ist ein Film daraus entstanden.
Ticket: Weil "Ein ganzes halbes Jahr" nicht nur eine Leidens-, sondern auch eine Liebesgeschichte ist. Sind Sie eine Romantikerin?
Moyes: Mein Mann denkt bestimmt, keiner ist so unromantisch wie ich. Wir machen darüber Witze. Wenn er mir Blumen schenkt, beklage ich mich, dass ich damit wieder eine Vase abwaschen muss. Aber er macht mir jeden Morgen Kaffee, was ich nach 20 Ehejahren immer noch sehr zu schätzen weiß.
Ticket: Wenn Sie so unromantisch wären, könnten Sie doch gar nicht die Geschichten schreiben, die Sie schreiben.
Moyes: Ja, aber das ist eine andere Art von Romantik. Als ich mit "Ein ganzes halbes Jahr" anfing, wollte ich die Frau und den Mann so miteinander sprechen lassen, wie ich es kenne, nämlich oftmals spitzzüngig. Ich weiß nicht, ob das typisch britisch ist, aber in meiner Beziehung können wir richtig gemein zueinander sein, doch das immer mit Humor, sodass wir am Ende beide miteinander lachen. Besonders im Kino funktioniert das aber nicht auf diese Weise. Da muss schon mal eine Extraportion Romantik her.
von tsc
am Fr, 24. Juni 2016

Info

Ganzes halbes Jahr

Regie: Thea Sharrock
Mit Emilia Clarke, Sam Claflin, Charles Dance, Janet McTeer, Brendan Coyle und anderen
110 Minuten, frei ab 12 Jahren
Die Story
Seit einem Unfall sitzt der einstige Draufgänger Will (Sam Claflin) im Rollstuhl. Seine Mutter engagiert die kesse Louisa (Emilia Clarke), um ihn wieder aufzumuntern. Ein schwerer Fall, denn Will hat mit dem Leben längst abgeschlossen, und dennoch verlieben sich beide ineinander.  

Autor: bz

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