Der 166 Jahre alte Hammerflügel aus glänzend poliertem Mahagoni-Furnier ist nicht nur sehr dekorativ, sondern auch voll bespielbar. Somit bedeutet das jüngste Mitglied der Sammlung "eine hervorragende Ergänzung für das Konzertleben in der Region", wie Kern betont. Der Kurator der Sammlung ist sich sicher: "Der Pleyel wird die Musiker nach Bad Krozingen locken." Für Pianisten ist es etwas Besonderes, Kompositionen von Chopin, Schumann, Liszt oder auch Mendelssohn-Bartholdy auf einem Flügel der damaligen Zeit zu spielen. Bei den Schlosskonzerten Bad Krozingen haben sie jetzt die Möglichkeit dazu.

"Die neueste Anschaffung der Sammlung historischer Tasteninstrumente schließt eine Lücke: Der Hammerflügel aus der Werkstatt von Ignaz Pleyel aus dem Jahr 1851 ergänzt die frühen Hammerflügel von Stein, Graf, Streicher und Rosenberger und erweitert damit das Konzertangebot um Konzerte mit romantischer Klaviermusik, vor allem von Frédéric Chopin, der die Instrumente von Pleyel überaus schätzte", sagt Lotte Thaler, die künstlerische Leiterin der Schlosskonzerte. "Außerdem ist der Pleyel-Flügel aufgrund seiner sorgfältigen Restaurierung von Christoph Kern ein klangliches Kleinod", so Thaler weiter.

Der Klang des Pleyel bietet Kern zufolge besonders viele Ausdrucksmöglichkeiten: "Klangliche Möglichkeiten, die sich eigentlich widersprechen, sind in diesem Instrument vereint." Den Klangfarbenreichtum kann dem Hammerflügel freilich nur entlocken, wer die nötige Spielfertigkeit mitbringt. Das Instrument fordert seinen Spieler. Chopin soll einst gesagt haben, dass er an guten Tagen, "wenn ich in Laune bin und kräftig genug, um mir meinen eigenen Ton zu machen", einen Pleyel brauche. An Tagen, an denen er nicht so gut aufgelegt war, spiele er lieber einen Erard, weil er auf dem "leicht einen fertigen Ton" finde.

Erard war Mitte des 19. Jahrhunderts der zweite bedeutende Klavierhersteller neben Pleyel. Beide Unternehmen konkurrierten um die Spitzenstellung. Ein Erard-Hammerflügel aus dem Jahr 1856 gehört schon länger zur Bad Krozinger Sammlung. Jetzt also auch ein Pleyel. Kern hatte ihn eigentlich für sich selbst gekauft und von Grund auf restauriert. Er steckte viel Zeit und Herzblut in den Hammerflügel. Doch Professor Hermann Frommhold, Vorsitzender der Gesellschaft der Freunde der Schlosskonzerte, wünschte sich so sehnlichst einen guten Pleyel für die Sammlung, dass Kern schließlich verkaufte. Seither steht das Instrument neben dem Erard und "dem Graf", einem Hammerflügel des Wiener Klavierbauers Conrad Graf von 1826/27, im Festsaal des Schlosses.

Vor den aufwändig bemalten Tapeten finden dort die Schlosskonzerte statt. "Die schwersten Instrumente haben wir im Festsaal stehen, damit sie nicht so häufig transportiert werden müssen", erläutert Susanne Berkemer, Geschäftsführerin der Schlosskonzerte Bad Krozingen GmbH und Leiterin des städtischen Kulturamts. Um die 50 historische Tasteninstrumente gehören zur Sammlung. Schon deren Gründer, Fritz Neumeyer, wollte die Instrumente nicht nur bewahren, sondern auch erklingen lassen. Seine Schüler Rolf Junghanns und Bradford Tracey setzten die Tradition fort, und so halten es deren Nachfolger bis heute.

Mit einem Konzert auf dem Pleyel begann im Januar die diesjährige Konzertreihe. Für den heutigen Samstag hat sich der preisgekrönte Pianist Hardy Rittner angekündigt. Rittner gilt als Spezialist für Hammerklaviere und die historische Aufführungspraxis von Brahms- und Chopin-Werken. Im Schlosskonzert wird er Chopin auf dem Pleyel und dem Erard spielen – ein Höhepunkt im Jahresprogramm.

Ein weiterer ist für Berkemer die Zusage von Mahan Esfahani: Der iranische Cembalist, der sonst in der Kölner Philharmonie oder anderen großen Konzertsälen auftritt, wird am 17. September im Bad Krozinger Schloss zu Ehren seines Idols Bradford Tracey spielen. Dessen Tod jährt sich zum 30. Mal. Esfahanis Konzert bildet den Auftakt zu "Festlichen Tagen Alter Musik", in deren Rahmen auch ein Meisterkurs für Klavierstudenten stattfinden wird. Im November wird der Basler Musikprofessor Ronald Brautigam, einer der führenden Interpreten des Hammerflügels, Beethovens letzte Werke für Klavier präsentieren. Peter Hörr (Violoncello) und Florian Uhlig (Hammerflügel) haben sich für Oktober angesagt. Und für Juni steht ein Gedenkkonzert zum 250. Todestag von Georg Philipp Telemann auf dem Programm, das in diesem Jahr den Titel "Hammermäßig" trägt.

von Barbara Schmidt