Leben, Lieben und Sterben der Mikroorganismen

Die Freiburger Good Company inszeniert das Musical "Yeast Nation" als Evolutionstragödie im griechisch-rockigen Stil.

So hat man sich das Leben der ersten Einzeller in seinen kühnsten Träumen nicht vorgestellt: Als griechische Evolutionstragödie mit jeder Menge Togaträgern, die ihre Gefühls- und Machtquerelen in rockige Songs à la "Hair" und "Rocky Horror Picture Show" verpacken.

"Yeast Nation – The Triumph of Life" heißt das bizarre Musical der beiden, mit dem Branchenpreis Tony prämierten Autoren Greg Kotis und Mark Hollmann, das 2007 in Alaska uraufgeführt wurde. Jetzt feierte die Freiburger Musiktheatergruppe Good Company damit Europapremiere und zeigt Leben, Lieben und Sterben von Hefemikroorganismen im Freiburger Crash, dessen schwarz getünchter Kellersaal gleich die passend stickig-schummrige Ursuppenatmosphäre produziert.

Es ist die zweite Produktion der Good Company: 2016 hatte das fast vierzigköpfige, freie Ensemble um den Regisseur und musikalischen Leiter Rafael Orth mit dem Musical "Urinetown", ebenfalls von Kotis und Hollmann geschrieben, und 16 ausverkauften Vorstellungen ein fulminantes Debüt. Für "Yeast Nation" holte man noch mehr Profis ins Boot, im März 2018 wird die Truppe damit im Hamburger Sprechwerk gastieren.

Reichlich verrückt ist diese Geschichte von Anfang an: Überdimensionierte Aquariumsteinskulpturen zeigen den Meeresgrund vor drei Milliarden Jahren (Bühne: Stephanie Breidenstein), eine blinde Seherin munkelt über den Untergang, während Jahn der Älteste und sein Volk zum Sound der Liveband energiegeladen ihre epische Hefehymne "I am Your Father" schmettern und tanzen (Co-Regie: Juliane Hollerbach).

Dabei sind die Tu-was-dir-gefällt-Zeiten endgültig vorbei: Die Salzvorräte gehen zu Ende, es herrscht Hunger, Fortpflanzung und Ausflüge in höhere Wassergefilde sind unter Todesstrafe verboten. Deswegen lässt der rauschebärtige Patriarch auch die Membran seines Sohnes platzen, lustig flattern dessen rote Plasmablättchen durch die Luft. Rebellion, Intrigen und Hochverrat sind die Folge – und natürlich gibt es auch noch eine dramatische Liebesgeschichte.

Zu ernst muss man dieses Wirrwarr aber nicht nehmen, stehen hier doch eindeutig Musik, Spaß und Ironie im Mittelpunkt. So gibt es eine Reihe toller Songs mit und ohne Chor, mitreißende Choreografien, witzige Regieideen und Brüche – vor allem aber ein quicklebendiges und sehr dynamisches Ensemble. Die Figuren sind kongenial besetzt. Besonders beeindruckend agieren Manuel Gyarmati-Buchmüller als Jahn der Weise, Sandra Dold als Jahn die Holde, Christine Banneitz als Jahn die List’ge und Yvonne Münzer als Jahn die Darbende. Ein selten schräges Rockspektakel.

Weitere Termine: 6. bis 10. November sowie 19. bis 24. November, jeweils um 19.30 Uhr im Crash, Schnewlinstraße 7, Freiburg.

Tickets gibt es beim BZ-Karten-Service (bz-ticket.de/karten oder Tel. 0761 / 496-8888) und bei allen BZ-Geschäftsstellen.


von Marion Klötzer
am Mo, 06. November 2017

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