Interview

Matthias Schweighöfer: „Ja, ich bin ein Kontrollfreak“

TICKET-INTERVIEW: Matthias Schweighöfer über Genauigkeit, Reichtum, Freundschaft und Kinder.

Müsste dieser Schweighöfer-Film nicht "Die Nanny" heißen? Das ist schon der erste Witz: Der Film heißt "Der Nanny", denn hier versucht sich Milan Peschel als Kinderbetreuer. Matthias Schweighöfer selbst führte zum vierten Mal Regie und spielt diesmal einen gestressten Firmeninhaber und alleinerziehenden Vater. Der 34-Jährige ist einer der beliebtesten Schauspieler der Nation und wird mit dieser Komödie mit sozialkritischem Hintergrund einen Kassenhit landen. Markus Tschiedert traf ihn zum Interview.


Ticket: Wenn man sich die prekäre Mietsituation in Berlin ansieht, ist Ihr neuer Film hochaktuell...
Matthias Schweighöfer: Das war aber nicht mein Ausgangspunkt, sondern die Idee, dass ich für Milan Peschel schon seit längerem eine ganz sozialkritische Figur entwickeln wollte. Da die Nanny meiner Kinder in den Schweizer Gärten arbeitete, entstand die Idee zum Film. Das fand ich als Bild ganz gut. Da musst du erst durch ein Gittertor, um in die Schweizer Gärten zu gelangen. Du bist trotzdem noch im Prenzlauer Berg und in einem der teuersten und reichsten Wohngegenden in Berlin – was völlig absurd ist. Aber trotz dieses politischen Bodens wollte ich ein Märchen über eine Person drum herum bauen, die plötzlich alles verliert.
Ticket: Nach dem Motto: Die Reichen werden immer reicher, die Armen immer ärmer! Inwieweit sitzen Sie da zwischen den Stühlen?
Schweighöfer: Ich versuche, etwas dagegen zu tun. Meine Firma und ich engagieren uns bei diversen Projekten. Joko Winterscheidt und ich möchten gern einen eigenen Wohltätigkeitsfonds gründen, um zu sehen, wo wir als Prominente helfen können. Oder man dreht Filme wie "Der Nanny", in dem Joko sagt: "Ich habe keinen Bock, mit meinen Kindern unter einer Brücke zu schlafen, und wenn, dann wird es eine sehr schöne sein."
Ticket: Wie ist das Zitat gemeint?
Schweighöfer: Selbst wenn du alles verloren hast, ist noch alles möglich, wenn du noch deine Kraft und deinen Mut besitzt. Ich finde, diese Art Märchen muss es auch geben.
Ticket: Sie selbst spielen im Film einen Bauunternehmer, der die Bewohner eines alten Mietshauses herausekeln will. Das macht Sie in der Rolle nicht gerade sympathisch...
Schweighöfer: Na ja, ich wollte auch mal was anderes testen. Kann ich das spielen, wenn ich mich auch noch selbst inszeniere? Letztlich hat es sogar großen Spaß gemacht.
Ticket: Als Regisseur haben Sie ja eine gewisse Führungsrolle – achten Sie da auf Genauigkeit oder lassen Sie auch Spontanität zu?
Schweighöfer: Das nicht! Ich bin schon sehr genau und verlasse mich dabei auf mein Team. Ansonsten setze ich immer alles erst so um, wie ich es mir im Kopf vorgestellt habe. Danach kann die Abweichung kommen, was andere Kollegen auch nerven kann. Aber es kann auch gut sein, weil sie immer wissen, dass sie mit einem Schauspieler arbeiten, der sie inszeniert und mit ihnen spielt.
Ticket: Wie gut kann sich Ihr Kollege und Freund Milan Peschel darauf einlassen?
Schweighöfer: Ich weiß bei Milan genau, worauf ich mich stützen kann, trotzdem muss er da durch – auch wenn es ihm manchmal nicht gefällt. Das nimmt er mir nicht übel, hoffentlich!
Ticket: Würden Sie sich eigentlich als Kontrollfreak bezeichnen?
Schweighöfer: Ja, das bin ich, und es wird im Alter immer schlimmer. Was mich echt nervt: Ich schaffe es einfach nicht, in ein Flugzeug zu steigen und die Kontrolle anderen zu überlassen! Wenn man mir jetzt ein Flugticket für morgen hinlegen würde, hätte ich schon ein Problem.
Ticket: Große Urlaubsreisen mit der Familie sind damit ja leider nicht drin...
Schweighöfer: Entweder überwinde ich mich, doch in den Flieger zu steigen, oder wir fahren mit dem Auto. Was mir sowieso lieber ist, weil ich anderswo gern mein eigenes Auto dabei habe. Im Urlaub hat man ja auch Zeit. Sieben Tage für 1200 Kilometer – das geht schon.
Ticket: Sie haben "Der Nanny" Ihren Kindern gewidmet. Wünschen Sie sich, dass beide genauso gedeihen wie Ihre Filmkinder?
Schweighöfer: Das nicht! Ich fand es einfach nur schön, ihnen diesen Film zu widmen. Sie sollen später einmal sehen und verstehen, dass man kämpfen sollte, was das Zeug hält. Dann ist auch alles möglich!


von tsc
am Mi, 25. März 2015

DER NANNY

Regie: Matthias Schweighöfer
Mit Milan Peschel, Matthias Schweighöfer, Joko Winterscheidt, Paula Hartmann, Arved Friese und anderen

120 Minuten
Die Story
Der aalglatte Bauunternehmer Clemens (Matthias Schweighöfer) hat nur seine Karriere im Kopf. Für seine Pläne soll ein altes Mietshaus weichen, was sich die Bewohner nicht gefallen lassen wollen. Rolf (Milan Peschel) will sich diesen Clemens persönlich vorknöpfen, wird aber fälschlicherweise für den Babysitter gehalten. Rolf lässt sich darauf ein. Denn die Kids werden von Papa Clemens total vernachlässigt...  

Autor: bz

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