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Jobmotor-Siegerporträt

Metzger Joachim Lederer gibt jungen Leuten eine Chance

Heinz Siebold
  • Mo, 04. Mai 2015, 21:27 Uhr
    Wirtschaft

Seine 22 Angestellten verehren ihn und sie zerreißen sich für ihn: Metzger Joachim Lederer aus Weil am Rhein gibt denen eine Chance, die anderswo nicht zum Zug kommen.

Ob Chlöpfer oder Fleischkäsweckle &#82...iter der Metzgerei Lederer richten es.  | Foto: Fotos: Thomas Kunz
Ob Chlöpfer oder Fleischkäsweckle – die Mitarbeiter der Metzgerei Lederer richten es. Foto: Fotos: Thomas Kunz
"Ja, des sin Chlöpfer." Joachim Lederer strahlt übers ganze Gesicht, wenn ihn jemand in seiner Heimatsprache fragt, wie die drallen kleinen Fleischwürste zum Heißmachen heißen. Der Städter sagt Klöpfer, echte Alemannen erkennen sich am kratzigen "ch". Und Joachim, den alle Welt Jogi nennt, ist echter Alemanne, Bauernsohn aus Adelsberg, einem Ortsteil von Zell im Kreis Lörrach, hoch über dem kleinen und dem großen Wiesental.

Lederer ist Metzger in Weil am Rhein, sein Laden in der Hauptstraße 191 ist Anlaufstelle für Menschen, die neben anständigen Chlöpfern auch eine gute Krakauer, einen schönen Braten und Schwarzwälder Schinken schätzen. Oder für Zöllner, die für eine ganze Dienststelle seine bekannten Fleischkäsweckle abholen. Auch für Schweizer, die in Weil zwar billiger als in Basel, aber nicht zum Discounter, sondern ins Fachgeschäft gehen.

"Fleisch wird immer gegessen", sagt Jogi Lederer, der Obermeister der Metzgerinnung im Kreis Lörrach, hat keine Angst vor vegetarischen oder veganen Trends. Er findet, dass der Fleischkonsum maßvoll bleiben sollte, so wie früher, als man nicht so viel davon hatte. Lederer kennt das vom Bauernhof in Adelsberg, den jetzt sein Bruder führt und woher ein Teil des Fleisches kommt, das er verkauft. Den größeren Teil bezieht Lederer allerdings von der Großfleischerei Adler in Bonndorf.

Hohe Anforderung an Tierhaltung und Qualität

Es ist Fleisch, mit dem Gütezeichen "Qualivo", das in puncto Tierhaltung und Qualität hohe Anforderungen an die Erzeuger stellt. Mit Adler hat Lederer eigene Produkte entwickelt, zum Beispiel ein schmackhaftes Schäufele.

Wie jeder Metzger muss sich Lederer sein Einkommen auf mehreren Standbeinen verdienen, der Partyservice, neuerdings Catering genannt, ist mittlerweile fast tragfähiger als das Ladengeschäft. "Wir können 2000 Leute bewirten", sagt Lederer – im Partyzelt, in der Festhalle oder unter freiem Himmel. Oder im Hadid-Pavillon in Weil, dem Gebäude, das die Stararchitektin Zaha Hadid für die Landesgartenschau Ende der 1990er-Jahre entworfen hat.

Nachdem sich dort zwei Gastronomen vergeblich abgemüht hatten, nahm Jogi Lederer auf Bitte des Oberbürgermeisters das Heft in die Hand und meistert jetzt den Betrieb von April bis Oktober. Allein beim Open-Air-Kino im Sommer kommen über tausend Gäste zum Schauen, Essen und Trinken. Lederer catert auch andere große Events, bei der Messe in Basel, beim Rock am Rhein und bei mehr als hundert Hochzeiten im Jahr.
"Hier arbeiten zu können, das ist das Beste, was mir passieren konnte." Mitarbeiter Juan Belanti
"Es isch immer öbbis los", sagt der drahtige Chef, lächelt und kneift die Augen zusammen. Um vier Uhr aufstehen, zwischen sechs und achtzehn Uhr im Laden und in der Werkstatt stehen, dann abends zum Catering, zwischendurch eine Runde Joggen – wie macht der das? Den 22 Angestellten ist es ein Rätsel, aber sie verehren ihn und sie zerreißen sich für ihn.

"Hier arbeiten zu können, das ist das Beste, was mir passieren konnte", sagt Juan Belanti. Der 21-jährige Spanier ist mit 16 Jahren als Vollwaise in die Metzgerei gekommen, mit seinem Betreuer, einem früheren Ringerkollegen von Jogi Lederer. Es hat sich längst rumgesprochen, dass man mit Problemfällen "zum Jogi" gehen kann. "Ich hab Glück, ich hab’ einen Sohn, der ist ein Mathegenie", sagt Lederer. Um den brauchen er und seine Frau Regina sich nicht mehr zu kümmern, der ist in Amerika Professor. Darum hilft Jogi Lederer anderen Jungen und Mädchen, gibt ihnen eine Chance in seinem Betrieb, egal, was vorher war.

"Ich mach mit allene e Plan", sagt er und in sieben von zehn Fällen funktioniere das auch. Juan ist nach der Gesellenprüfung jetzt in der Etappe Führerschein, danach kommt die Meisterschule. Auch Gina Habetz (22) ist eine Art Patenkind für den Metzgermeister. Bei zwei anderen Ausbildungsstellen hat es nicht geklappt, bei Lederer schafft sie aller Voraussicht nach in diesem Sommer die Prüfung zur Fachverkäuferin spielend, aus der Berufsschule bringt sie lauter Einsen heim. "Hier ist alles anders", sagt sie, "hier macht jeder alles, mal bediene ich, mal koche ich, mal bin ich beim Catering." So sind sie alle in Bewegung, beim Jogger Jogi, der die bekannten Marathonstrecken der Welt zwischen Paris und Mauritius kennt. "So isch’s Lebe halt", lacht der preisgekrönte "schnellste Metzger" Deutschlands, "e Dauerlauf".
Jobmotor

Wer hat in Südbaden die meisten Stellen geschaffen? Wer bindet seine Mitarbeiter am besten an den Betrieb? Beim Wettbewerb Jobmotor wurden außergewöhnliche Unternehmen ausgezeichnet. Die Metzgerei Lederer gewann den ersten Preis in der Kategorie Mitarbeiterbindung bei den Firmen mit bis zu 200 Beschäftigten.

Mehr zum Thema:

Ressort: Wirtschaft

Dossier: Jobmotor

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 05. Mai 2015: PDF-Version herunterladen

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