Führung in Badenweiler

Mit dem Großherzog unterwegs

Mit Martin Lunz auf den Spuren von Friedrich I. In Badenweiler .

Er ist nur schwer zu übersehen, wenn er sich in seiner eierschalfarbenen Uniform mit jeder Menge goldener Orden, einer roten Schärpe und einer schwarz-goldenen Pickelhaube gemessenen Schrittes in Richtung Kurhaus bewegt, huldvoll in jede Richtung winkt und darauf besteht, mit Majestät angesprochen zu werden. Großherzog Friedrich ist wieder auferstanden, um den Kurgästen Badenweiler, seine Geschichte und die Rolle Großherzog Friedrich I. bei einem Sonntagsspaziergang näher zu bringen.

Hinter der majestätischen Maske verbirgt sich Martin Lunz vom Literatheater, das seit 20 Jahren in Badenweiler aktiv ist und sich durchaus in der imposanten Reihe von Tschechow, Hesse und alle jener illustren Gäste und Einwohner des traditionsreichen Kurorts bis hin zu Rüdiger Safranski sieht. "Seine Majestät Großherzog Friedrich I. lässt bitten..." nennt sich die historische, schauspielerische Park- und Stadtführung, die an jedem zweiten Sonntag um 16 Uhr beim Kurhaus startet und natürlich gleich nach dem Hinweis auf das einstmals erste Haus am Platz, auf das Hotel "Römerbad", zum Großherzoglichen Palais führt.

Der ehemalige Oberamtssitz war 1888/89 im Stil der Neorenaissance zur Großherzoglichen Sommerresidenz umgebaut worden. Eine architektonische Verbindung zur Residenz Karlsruhe vermittelt auch die klassizistische Häuserfront im Weinbrennerstil am Schlossplatz.

Ganz weit in die Geschichte des Kurorts zurück führt der Besuch der Pauluskirche, die auf den Fundamenten eines römischen Tempels steht und in 1892/93 in neoromanischem Stil errichtet wurde – natürlich "unter Großherzog Friedrich" wie eine Inschrift verkündet. Ein bemerkenswerter Schatz findet sich im Chor: mittelalterliche Wandgemälde aus dem gotischen Vorgängerbau, die als eine der ältesten Totentanzdarstellungen im deutschen Sprachraum gelten. Martin Lunz belässt es indessen nicht mit trockenen Fakten, sondern überrascht seine Zuhörer immer wieder mit literarischen Einlagen. Gedichte von Goethe, Hesse oder Eugen Roth, aber auch Zitate von Ulf Merbold garnieren den Spaziergang, der natürlich zum Inhalatorium führt, wo täglich eine Million Liter Thermalwasser mit 26,4 Grad aus der Erde sprudelt. Das wussten schon die alten Römer zu schätzen, wie die römische Badruine im Kurpark beweist. Davor steht allerdings der Blick auf die "Park Therme", das ehemalige Hotel "Sommer" auf dem Programm, in dem Anton Tschechow im Juli 1904 starb, nicht ohne kurz zuvor ein Glas Champagner getrunken zu haben.

Danach geht es wieder zurück zum Großherzog Friedrich, dessen Verdienste um die Cassiopeia-Therme mit einer Inschrift in der Fassade gewürdigt werden. Und in den Kurpark mit seinem imposanten Baumbestand, dem Schwanenteich mit seinen Kois und natürlich den Hotels und Villen an dessen Rand. In einer von ihnen gastierte auch Hermann Hesse, der sich beim Blick aus dem Fenster über die Kurgäste mokierte und über den Lärm der Kurkapelle beschwerte.

Der Anstieg hoch zum Belvedere gibt Lunz das vorletzte Mal die Gelegenheit, sich fotogen und majestätisch zwischen den Säulen des Lustschlösschens zu präsentieren, ehe er bei einem Zwischenstopp am Tschechow-Denkmal im Schatten der Burgruine die verschlechterten Beziehungen zwischen Deutschland und Russland beklagt. Und sich vor der Statue Friedrich I. als echter Wiedergänger des Großherzogs I. in Pose wirft. Mit dem Blick auf Gutedel- und Hildegard-von-Bingen-Garten lässt der belesene Großherzog den Spaziergang ausklingen, samt einer Anekdote zur Herkunft des Namens Gutedel.

Weitere Infos: "Seine Majestät Großherzog Friedrich I. lässt bitten...",
jeden zweiten Sonntag im Monat, nächster Termin: So, 10. Juni,
16-18 Uhr, Kurhaus, zehn Euro,
http://www.literatheater.de
von Rolf Müller
am Fr, 25. Mai 2018

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