Kaiserstuhl mit Burkheim

Mit dem Velo auf dem Badischen Weinradweg

Durch Reben radeln – ganze 460 Kilometer führt der Badische Weinradweg in acht Etappen durch neun Weinbaugebiete – drei davon nehmen wir im Selbsttest unter die Räder. Dieses Mal den Kaiserstuhl.

Typisch Kaiserstuhl, das ist der Grauburgunder für Birgit Schillinger von der Vinothek im Ihringer Weinhaus Heger: "Er ist im Gegensatz zum Weißburgunder massig-blumiger, da kommt ein bisschen ein Mirabelle-, Honigcharakter rein." Insgesamt mit weniger Säure, kämen die Weine harmonisch und rund daher und seien Allrounder, die zu vielen Gerichten passen würden. Ein weiteres großes Plus habe der Grauburgunder: Er kommt aus einer der wärmsten Lagen Deutschlands, mit schöner Mineralität. "Wenn man den probiert, da hat man hinten wie so ein Schwänzle", sie tippt sich mit den Fingern an den Hals, dorthin, wo Rachen und Gaumen sitzen, "der hat einen unwahrscheinlich langen Abgang."

Tolle Weine

So viel Begeisterung ist ansteckend und später, zu Hause beim Probieren, können wir’s nur bestätigen, das mit dem Schwänzle und auch dem langen Abgang. Doch jetzt, per Rad unterwegs im Kaiserstuhl, müssen dann leider auch wir einen Abgang aus Ihringen machen, noch warten laut Plan gut 30 Kilometer samt einiger saftiger Höhenmeter.

Die Route schlängelt sich durch Ihringen, Tritt für Tritt geht’s die Achkarrenstraße hoch und mittenhinein in schönste Rebenlandschaft. Akkurat reihen sich Reben an Reben, darüber gespannt ist die Himmeltapete mit Wolkenmuster. Ruhig ist’s, zu hören sind nur der eigene Atem und das E-Rad, das beharrlich schnurrt wie ein zufriedenes Kätzchen. Trotz Eco schnaufen wir hoch, der Blick hangelt sich an den Rebenzeilen entlang wie an einer Leitplanke. Dann ist es geschafft, der Kreuzenbuck-Pass erklommen und der Blick dort oben treibt’s ohnehin auf den Gipfel.

Wie ein Naturteppich

Eine Rebenlandschaft breitet sich aus wie ein gut gehäkelter Naturteppich. Weinstöcke, anfangs noch ordentlich gekämmt, verschwimmen in der Ferne zu einem einzigen grünen Blätterfeld, aus dem immer mal wieder ein Hügel mit sanft geschwungenen Weinterrassen lugt – Weingott Bacchus hätte seine Freude an diesem Flecken.

Göttlich ist auch die Abfahrt nach Bickensohl hinunter. Die schmucken Weinorte liegen eingekuschelt im Rebenbett, immer wieder fällt der Blick auf eines der vielen Weingüter – kein Wunder, insgesamt 81 Mitgliedsbetriebe zählt der Badische Weinbauverband im Kaiserstuhl.

Nach Oberrotweil kann, wer mag, noch einen Schlenker einbauen und die Biege machen Richtung Burkheim. Beliebt ist der Ort vor allem wegen seiner kopfsteingepflasterten Idylle mit engen Gassen, urigen Fachwerkhäuschen und der pittoresken Schlossruine. Doch uns zieht es an einen Ort, der einmalig ist in Baden-Württemberg: in das kleine, feine Museum von Bernhard Maurer. Der Burkheimer hat sich einer Sache verschrieben, die Weinliebhaber öfters in der Hand haben und die für den richtigen Dreh besonders wertvoll ist: Korkenzieher.

Korkenziehermuseum

"Ich bin jemand, der sammelt", sagt Maurer – er tut es mit Leidenschaft – und seit 1995 sind das eben Korkenzieher. Gerne führt er nach Anmeldung kleinere Gruppen durch die 350-jährige Geschichte. Mittlerweile beherbergt die ehemalige, tipptopp restaurierte Scheune des historischen Winzerhäuschens ein Drittel seiner mehr als 1200 Geräte für den besonderen Plopp: Hinter Vitrinen hängen Standardkorkenzieher aus allen Epochen, welche fürs Fass, für Medizin- oder Parfümfläschchen. Ein Hingucker sind die figürlichen wie Popeye, es gibt einen Clown, Damenbeine, Vögel, Fische, Kellner und kesse Damen, Letztere gut versteckt: Hinter einer roten Wand ist die wohl weltweit einzige Korkenzieher-Peepshow verborgen; per Münzeinwurf in Gang gesetzt, tanzen die erotischen Exponate, können durchs Guckloch bewundert werden.

Schmucke Dörfchen

Zurück im Sattel führt der Weg wieder nach Bischoffingen und durch schmucke Kaiserstuhlörtchen wie Jechtingen, Sasbach, Königschaffhausen, durch hübsche Obstplantagen und flaches, nichtssagendes Industriegebiet. Dann endlich: Endingen, kurz darauf Riegel, halleluja.

Trotz E-Unterstützung sind wir rechtschaffen müde, aber gut durchgelüftet und bis unter die Haarspitzen voll mit schönen Eindrücken. Und selbst wenn Riegels historischer Ortskern mit Fachwerkhäusern und Gastlichkeit lockt – wir müssen weiter, zur letzten Mitfahrgelegenheit für uns samt Räder, zum Bahnhof Riegel-Malterdingen.

Dann im Zug, durchatmen. Zeit ist’s nun für ein Resümee: 99 Kilometer zeigt der Tacho, gekurbelt durch pittoreske Weinorte, vorbei an urigen Weingütern und durch traumhafte Landstriche, allesamt lohnend. Trotz Irrungen und Wirrungen, teils mangels Schilder, manche mögen wir aber vielleicht auch im Geschwindigkeitsrausch übersehen haben. Nicht zu übersehen waren die Gastfreundschaft und die vielen, vielen Weingüter mit ihren herrlichen Tropfen aus dem Markgräflerland, von Tuniberg und Kaiserstuhl – auf einer Route mit dreifachen Genuss.
Badischer Weinradweg:
Auf rund 460 Kilometern geht’s von Basel nach Weinheim, frei zu variieren; Tourenpläne zu den acht Etappen: http://mehr.bz/brad
Unsere Serie zum Nachlesen:
Teil 1: http://mehr.bz/wr1
Teil 2: http://mehr.bz/wr2
von Anita Fertl
am So, 13. September 2020 um 07:00 Uhr

Badens beste Erlebnisse