Tour zu einem zackigen Koloss

Münstertal: Wildnispfad zum Scharfenstein

Entdeckertour: Auf Wildnispfaden zum Scharfenstein im Münstertal.

Auf die Spuren der Vergangenheit, in die Zeit des düsteren Mittelalters, wollen wir uns heute aufmachen. Was bietet sich da Besseres an als der Scharfenstein, der oberhalb von Münstertal im Schwarzwald liegt? Dort soll der Raubritter Hugo von Scharfenstein, den alle nur den schwarzen Teufel nannten, sein Unwesen getrieben und eine Burg gebaut haben.

Zum Ausgangspunkt der Tour kommt man am besten ganz neumodisch mit dem Auto, nimmt vom Münstertal aus die L 123 Richtung Wiedener Eck. Doch zumindest die Straße ist dort ebenfalls historisch, sie wurde 1848 eingeweiht und hat es dank ihrer Kunstkehren und steinigen Stützmauern ins Buch der langen Kulturdenkmäler geschafft. Am Parkplatz unterhalb des charakteristischen Felszackens, der scharf und ruppig mehr als 80 Meter gen Himmel ragt, steigen wir aus. Noch sind unsere beiden Jungs so gar nicht angetan von dem Weg, der anfangs breit und recht steil von der Straße aus ins Glasbachtal hineinführt. Doch der gleichnamige Bach bietet Ablenkung, gluckst gurgelnd über bemooste Steine, bildet Gumpen, in denen sich kurz darauf die Blätterschiffe und Zweigflöße drehen, ehe sie dem plätschernden Wasser abwärts trudeln.

Nach einer S-Kurve ist es schließlich so weit und es heißt aufgepasst. Denn die blaue Raute, die zwar weiter aufwärts zeigt, ist gleichzeitig auch das Zeichen, den Blick links zu wenden, abzubiegen und eine grüne, saftige Wiese zu überqueren. Ab jetzt führt ein kleiner Bergpfad wieder hinein in den Wald – und in was für einen: Unterhalb des Rehfelsens sind die Steilhänge und Blockschutthalden mit einem urwüchsigen Buchen-Tannen-Wald überzogen, der schon seit langem keine Säge mehr gesehen hat. Ein ums andere Mal ragen kahle, durchlöcherte Baumstämme in die Höhe, kreuz und quer liegen moosbewachsene Baumgerippe im Wald, daneben mächtige Steinblöcke, wie hingewürfelt. "Wenn ihr ganz leise seid, sehen wir vielleicht sogar Gämsen", versuchen wir die Spannung zu steigern.

Ab jetzt wird jedes Geräusch, das aus dem Wald kommt, genau analysiert, beim leisesten Astknacken machen sich die Jungs darauf gefasst, dass eine Gämse direkt an der Nase vorbeifliegt und den steilen Abhang hinunterspringt. "Ohjeh, ich hab’ was gehört. Machen die eigentlich Mäh?", fragt der eine den anderen Kumpel. "Ja, klar, das ist ja so eine Art Ziege. Aber ich will nicht, dass die uns rammen: Du schaust nach oben, ich nach unten", gibt der andere den Strategieplan vor. Die Jungs bewaffnen sich, Stöcke gibt es genug. Und Fantasiewesen ebenfalls, geformt aus dem Rascheln und Knacken, das es in so einem Wald zuhauf gibt.

"Scharfenstein 0,2 km", kündigt ein Schild an, und jetzt steht der Anstieg zum eigentlichen Felsen an. Linkerhand flankieren bemooste Felsblöcke und seltsame Felsformationen den Weg, rechterhand bizarr geformte, knorrige Baumriesen und Gerippe. Immer höher schrauben wir uns an vielen moosbewachsenen, auffälligen quaderförmigen Steinen vorbei: Sind das schon die Burgreste, des im 13. Jahrhundert erstmals erwähnten "castrum Scharpheinstein"? Auf diesem Plateau stand sie jedenfalls, die Burg des Hugo von Scharfenstein, um den sich viele Sagen ranken. Der muss ein übler Zeitgenosse gewesen sein, deshalb der Titel schwarzer Teufel. Laut Aufzeichnungen des Münstertäler Dekans Willibald Strohmeyer war er bei den Einheimischen gefürchtet und soll seine gütige Frau Agnes von Bolsenheim in einen mörderischen Hinterhalt gelockt haben. Schließlich waren es Freiburger Truppen, die 1346 seine Burg zerstörten und die damals mächtige Stadt Münster bis auf die Grundmauern abbrannten.

Von solch düsteren Zeiten ist auf dem sonnenüberfluteten Aussichtspunkt nichts zu spüren. Weit können wir über die Schwarzwälder Berglandschaft schauen, sehen weit, weit unten die alte Landstraße, die sich die Bergflanke entlangschlängelt sowie ein Stück weiter unten einen markanten Scharfensteinausläufer.

Weil der Wildnispfad so schön war, nehmen wir denselben Weg zurück und staunen von unten, am Fuße des Kolosses, wie weit oben wir heute schon waren.

Info: Etwa fünf Kilometer sind es vom Parkplatz Scharfenstein an der L 123 aus; Wanderkarte 1:25 000 "Zwischen Markgräflerland und Belchen", erhältlich an der Tourist-Information Münstertal, Tel. 07636/70730 oder http://www.muenstertal-staufen.de

von anfe
am Di, 23. Mai 2017

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