Offenburg

Odyssee aktualisiert: Von Serben und Laistrygonen

Wenn die Riesen des Laistrygonen-Volks Felsbrocken nach Odysseus und seinen Gefährten werfen, blendet dieses Theaterstück hinüber zum Bosnienkrieg.

Offenburg will sich als "Freiheitsstadt" profilieren, aber auch als Ausrichterin des europäischen Übersetzerpreises sowie der baden-württembergischen "Heimattage" 2022. Dazu möchte auch die Junge Theaterakademie Offenburg beitragen und hat ihre neuste Produktion unter die Schlüsselworte "Freiheit – Heimat – Europa" gestellt. Das Epos vom listenreichen Odysseus, der nach zehn Jahren Krieg auf zehn Jahren Irrfahrt Richtung Heimatinsel Ithaka durchs Mittelmeer abenteuert, passt dazu wie nur wenige Stoffe. Am Freitag, 1. Dezember, 19 Uhr ist Premiere im Salmen.

Der Ort ist gut gewählt. Der Salmen war 1847 Schauplatz der Volksversammlung zum Beschluss der 13 Offenburger Forderungen nach demokratischen Grundrechten. Darauf gründet sich der Anspruch auf das Label "Freiheitsstadt". Bereits 2015 hat ein schulübergreifendes Theaterprojekt unter der Leitung von Paul Barone, Theatermacher und Lehrer am Grimmelshausen-Gymnasium, mit "Vision Freiheit" den der Demokratie verpflichteten Auftrag der Versammlung von 1847 aufgegriffen. Jetzt also "Odysseus".

Barones Regieteam und seine Schüler wollten diesmal aber kein historisches Stück, sondern die aktuelle Situation spiegeln. Der Aspekt "Freiheit" kommt dabei auch im Umgang mit dem antiken Text zum Ausdruck. Wenn zum Beispiel das Riesenvolk der Laistrygonen Felsbrocken nach Mannschaft und Schiff des Odysseus schleudert, dann spricht dazu eine Stimme aus dem Off Erinnerungen der bosnischen Mutter einer Schülerin. Diese berichtet von der Flucht unterm serbischen Steinhagel. Freiheit besteht somit auch im gemeinsamen Erarbeiten von Text- und Regie-Ideen. Dabei geht das Stück auch der Frage nach, was Heimat ist.

Zu den originellen Lösungen, um die Geschichte einer Irrfahrt im immobilen Raum von Bühne und Saal zu erzählen, tragen Choreografien, die Kostüme und das Bühnenbild von Schülerinnen der Haus- und Landwirtschaftlichen Schulen sowie die Musik bei. Geschrieben hat die Musik Gerhard Möhringer-Gross im Stil einer Filmmusik, der sie mit einem Ensemble auch live aufführen wird. Mit Leitmotiven und Lautmalerei unterstützt Möhringer-Gross’ Musik das Bühnengeschehen. Es ist nach der "Courasche" und "Vision Freiheit" die dritte Zusammenarbeit des Offenburger Komponisten und dem Barone-Team.

Odysseus, Premiere: Freitag, 1. Dezember, 19 Uhr, Salmen, Lange Straße 52, Offenburg, weitere Vorstellungen am Samstag, 2. Dezember, 14.30 und 19 Uhr.
von Ralf Burgmaier
am Mi, 29. November 2017 um 20:20 Uhr

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