Fotokunst

OG Projects zeigen Fotokunst von Oliver Rath in Offenburg

OG Projects verneigen sich mit großer Empathie vor dem Werk des 2016 viel zu jung verstorbenen Fotokünstlers Oliver Rath.

OFFENBURG. Es war erneut eine starke Eröffnung am Freitagabend. Und doch lag ein Schatten namens Avicii über der Sommerpartie im Hinterhof der Offenburger Pfarrstraße 2. OG Projects bringen einmal mehr große Kunst ins kleine Offenburg. Mit Oliver Rath zeigen die OG Projects-Kuratoren Stefan Strumbel, Stefan Armbruster und Florian Waldvogel erneut einen Star der internationalen Kunstszene im ehemalige Atelier der 2013 verstorbenen Offenburger Künstlerin Jutta Spinner. Dort ist die Fotokunst Oliver Raths eindrucksvoll präsentiert.

Am Freitag ging die Meldung viral, dass einer der weltweit erfolgreichsten DJs, der 28-jährige Schwede Tim Berling alias Avicii, in einem Hotel im Oman tot aufgefunden wurde. Die Polizei schloss Fremdverschulden aus, heißt es in dem Nachruf, der in der BZ zu lesen war.

Auch der in Freiburg aufgewachsene Oliver Rath (Jahrgang 1978) hat seine Künstlerkarriere als DJ begonnen. Unter dem Künstlernamen Al Kaporn legte er unter anderem im Freiburger Fun Park und im Kagan auf. Vier Jahre lang ging es mit seiner DJ-Karriere bergauf, bevor Rath, der Clubmusikszene mittlerweile überdrüssig, die künstlerische Fotografie für sich als Profession entdeckte. Bald stellten sich bei diesem autodidaktischen Instinktkünstler auch hier die Erfolge ein. "Freiburg wurde ihm dann zu eng, weshalb er ab 2010 in Berlin eine neue Herausforderung suchte", erzählt Oliver Raths Schwester, Sabine Rath, die zur Ausstellungseröffnung am Freitagabend gekommen war und die heute seinen Nachlass verwaltet. Bald fand sich mit Offenburgs Street-Art-Star Stefan Strumbel, nur knapp ein Jahr jünger als Rath, ein Verwandter im Geist. Viele starke Fotodokus von Stefan Strumbels Werk, etwa die Ausmalung der katholischen Kirche "Maria Hilfe der Christen" in Goldscheuer 2011, tragen die Handschrift Raths.

Doch anders als der Fotograf, der sich mit einer Lebensgier ins Berliner Nachtleben stürzte und von diesem, dem er viel gab, letztlich aufgezehrt wurde, wählte Strumbel, getreu seinem Heimatthema bewusst Offenburg als Mittelpunkt für Arbeit und Leben. "Hier gefällt es mir, hier bekomme ich, was ich zum Arbeiten brauche, hier habe ich meine Ruhe. In Berlin bist du jeden Abend auf fünf Vernissagen eingeladen", erklärt Stefan Strumbel 2015 im BZ-Interview sein Rezept gegen solche Sirenengesänge. Und Jonas Braus, Gastkolumnist in der von Redakteur Florian Waldvogel herausgegebenen dritten Ausgabe des OG-Projects-Kunstmagazins, die ebenfalls am Freitagabend vorgestellt wurde, schreibt darin in seinem Essay: "Am 18. August 2016 verlor Oliver Rath seinen langen Kampf gegen die so fürchterliche, tödliche und verdammt nochmal noch immer tabuisierte Krankheit Depression." Wobei Waldvogel im selben Heft im Interview mit Professor Ulrich Hegerl herausarbeitet, dass die schwarze Galle der Depression einfach alle und jeden überfluten kann.

Die Frau auf dem Grund des Zauberschmuckkästchens

Auch deshalb hat bei der kleinen, aber feinen Bildauswahl in der Pfarrstraße 2 die Liebe zum verstorbenen Freund mitkuratiert. Es beginnt mit einer liebevollen Widmung an der Galeriewand (siehe Foto). Daneben eröffnet ein Rath-Emblem die kleine Fotostrecke: Die bart-umfransten Lippen des Fotografen sind darauf als Close-up festgehalten, eine dicke Zigarre zwischen die Zähne geklemmt. Als Aufkleber hat der Künstler dieses Logo überall hinterlassen, wo ihn seine Kunst hintrieb. Auch in New York, wo er dafür von Polizisten wegen Sachbeschädigung zu Boden gebracht, verhaftet und 24 Stunden hinter Gitter gesteckt wurde, wie Sabine Rath erzählt. "Deshalb hat er seinen Plan aufgegeben, nach Los Angeles überzusiedeln", sagt sie. Auf der – bis auf eine farbige Ausnahme – folgenden Schwarz-Weiß-Strecke begegnet den Besuchern etwa die Frau mit der Kamera, ein Motiv in der Ästhetik von Michelangelo Antonionis Film Blow up, mit der Rath auf dem New Pop Festival in Baden-Baden Aufsehen erregte. Aus Baden-Baden stammt auch der schwindelerregende Blick ins Treppenhaus von Brenners Parkhotel, wo, wie auf dem Grund eines Zauberschmuckkästchens, ganz tief unten, wie eine Preziose eine schöne Frau liegt. Raths Fotokunst fängt die Betrachter mit schlagenden Bildideen und überzeugender technischer Umsetzung. Sie erweist sich auch in dieser Auswahl als epikureische, der Sinnlichkeit, dem Kick und einem diesseitigen Schönheitsbegriff verhaftete. Bei der, wie es scheint, fiebrigen Gralssuche danach, diesseitige Schönheit zu transzendieren, scheiterte Oliver Rath zwangsläufig und grandios.

P. S.: Warum das Kunstestablishment dem Impuls von OG Projects auch am Freitagabend die Reverenz verweigerte, ist nicht zu verstehen.

Oliver Rath bei OG Projects, bis 26. Mai, jeweils Freitag und Samstag 14 bis 18 Uhr und nach Vereinbarung, Pfarrstraße 2, Offenburg, www. ogprojects.de
von Ralf Burgmaier
am Di, 24. April 2018

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