Radellust und Navi-Frust

Auf dem Badischen Weinradweg unterwegs durch Gutedelgebiet braucht’s Kondition und Navigation.

Uff. Wo ist die Zeit geblieben? Stunden sind vergangen, seit wir in Müllheim gestartet sind, während eines Boxenstopps Bekanntschaft mit Etiketten und dem Gutedel gemacht haben. Immer noch haben wir ihn vor Augen. Nicht im Glas, sondern quasi in seiner Kinderstube, wir radeln durch Reben, Gutedel links und rechts.

Beschwingt treten wir in die Pedale, düsen spritzig durch Britzingen, lassen’s laufen durch Laufen. Unglaublich groß für ein solch kleines Dorf markiert in St. Ilgen die St.-Ägidius-Pfarrkirche, seit Ende des 13. und Anfang des 14. Jahrhunderts die Ortsmitte.

Hübsche Weinorte mit schmucken Fachwerkhäuschen wechseln mit asphaltierten Hohlgassen, giftige, kurze Anstiege mit schwungvollen Abfahrten. Dank E-Antrieb rollen wir noch einigermaßen entspannt durch Heitersheim, vorbei an Blumenwiesen, nehmen zwischen Grunern und Staufen schon leicht angestrengt (der sparsame Eco-Gang beschäftigt die Muskeln mehr als gedacht) den geografischen Höhepunkt der ersten Etappe, puh!

Jetzt vielleicht einen Kaffee? Verführerisch steigt in den Gassen der Staufener Altstadt frisch Gebackenes in die Nase, zieht uns fast in eines der hübschen, kleinen Cafés. Aber halt, wir müssen weiter, der nächste Stopp ist erst im Bad Krozinger Kurpark geplant.

"Jetzt geradeaus", dirigiert die neutrale Frauen-Navistimme, ohne die wir bislang mangels durchgehender Beschilderung ziemlich aufgeschmissen gewesen wären, ebenso freundlich wie beharrlich. Geht aber nicht. Geradeaus ist ein Bauzaun. Einen Umweg später verwirrt unser Schlenker in den Kurpark die Navi-Dame noch mehr, immer wieder heißt es: "Berechne die Route neu". Jaja, mach’ mal. Endlich im Kurpark angekommen, gönnen wir ihr eine Auszeit. Und uns ein Vesper unter den herrlichen alten Bäumen, denn Radeln macht hungrig, stellen wir fest.

Futter gibt’s auch für die Augen. Die riesengroßen Mammutbäume etwa spenden jede Menge Schatten rund um ihre mächtigen Stämme, die teils fast vier Meter Umfang messen. Toll auch der bunte Pfau, der es schon fast zum Kurparkwahrzeichen geschafft hat und uns seine beste, blumige Seite zeigt.

So gestärkt geht’s flott, mit viel Wind um der Nase weiter. Aber auch nicht weniger verwirrend mangels stringenter Beschilderung. Mittlerweile hat die Navi-Lady den Geist aufgegeben, der Akku ist leer. Doch langsam kommen wir in bekannte Gefilde, durch Kirchhofen, Pfaffenweiler und am Batzenberg vorbei. Der gilt mit einer Anbaufläche von 376 Hektar als die größte geschlossene Gutedel-Lage und der größte geschlossene Weinberg Deutschlands. Dort hinauf führt der Weg – zum Glück – nicht, so dass wir noch einigermaßen entspannt am Endpunkt der Markgräflertour ankommen.

Einfahrt Schallstadt, letzter Markgräflerstandort, 15.30 Uhr. Tachostand: 45 Kilometer inklusive Kurparkabstecher und einiger Fahrverwirrungen. Bewältigte Höhenmeter: 430. Gemütszustand: entspannt-relaxt dank E-Bike-Rückenwind – und gespannt, was die Fahrt rund um Tuniberg, Kaiserstuhl und durch Spätburgundergebiet noch bringt. Aber das ist eine andere Geschichte.
von anfe
am Fr, 17. Juli 2020

Badens beste Erlebnisse