Kino-Interview

Regisseur Denis Villeneuve über seine Fortsetzung des Kultfilms „Blade Runner“

TICKET-INTERVIEW: Der Regisseur Denis Villeneuve über seine Fortsetzung des Kultfilms "Blade Runner".

Als vor 37 Jahren "Blade Runner" in die Kinos kam, war der Erfolg bescheiden. Doch bald etablierte sich das Science-Fiction-Werk von Ridley Scott zu einem der Kultfilme der 80er Jahre. Nun folgt die Fortsetzung "Blade Runner 2049". Ridley Scott ist als Produzent dabei und überließ die Regie einem Jüngeren. Der Kanadier Denis Villeneuve (50) nahm die Herausforderung an. Man zählt ihn zu den talentiertesten Regisseuren seiner Generation. Markus Tschiedert traf ihn zum Interview.

Ticket: Wie lange mussten Sie überlegen, einem Kultfilm wie "Blade Runner" eine Fortsetzung zu geben?
Villeneuve: Ich hatte anfangs massive Zweifel und Ängste, aber ich musste mich erst mal damit auseinandersetzen, bevor ich endgültig zusagte. Als ich mich schließlich verpflichtete, hatte ich mich bereits mit der Tatsache angefreundet, dass die Chance, erfolgreich zu sein, sehr gering sein würde und ich den Film nicht deshalb machen muss, um Anerkennung, Preise oder das Wohlwollen des Kinopublikums zu bekommen. Also konnte ich den Film wie eine Liebeserklärung an den ersten "Blade Runner" umsetzen und mich der Freude am Filmemachen hingeben.
Ticket: War das so einfach?
Villeneuve: In gewisser Weise habe ich mich dem Schicksal hingegeben, als ich mir sagte, wenn ich es mache, dann werde ich den ganzen Weg gehen. Ich hatte darüber lange Diskussionen mit Ryan Gosling, und wir beide stimmten darin überein, dass es nur so geht, indem man etwas gibt, ohne zu erwarten, dass man etwas dafür zurückbekommt. Wenn man sich mit diesem Gedanken angefreundet hat, fühlt man sich auch gleich wieder freier.
Ticket: Zuerst wollte Ridley Scott "Blade Runner 2049" selbst inszenieren. Wie viel Einfluss nahm er auf das Projekt in seiner Eigenschaft als Produzent?
Villeneuve: Wir haben sehr oft über den ersten "Blade Runner" gesprochen, und er gab sehr viel Hintergrundwissen preis, wie damals die Idee dazu entstand, was ihn inspirierte und welche Kämpfe er auszutragen hatte. Aber er sagte auch: "Der zweite Film gehört dir, du übernimmst die Verantwortung. Wenn du mich brauchst, bin ich da, ansonsten ist es dein Job." Zuletzt rief er mir zu: "Wenn du deiner Arbeit eine Seele gibst, wird daraus ein phantastischer Film. Wenn nicht, wird es ein Desaster. Viel Glück!" Das fand ich ehrlich. Ich mag Leute, die direkt sind.
Ticket: Was würden Sie der Meinung entgegensetzen, die Fortsetzung sei nur ein Replikat des ersten Films?
Villeneuve: Das würde ich verneinen, weil ich wirklich kein nostalgisches Abbild geschaffen habe. Der zweite Film kann gar kein Replikat sein, weil er ganz anders ist. Die einzigen Ähnlichkeiten gibt es zum einem im Art Design und zum anderen in der Akustik. Denn das Sound-Design und die Musik von Vangelis aus "Blade Runner" bildeten für mich den wesentlichen Bestandteil des Films. Ich denke, wir sind dem sehr nahe gekommen. Ansonsten haben wir uns nochmals die Vorlage für "Blade Runner" vorgenommen, nämlich den Roman "Träumen Androiden von elektrischen Schafen?" von Philip K. Dick und daraus einfach eine neue Story entwickelt.
Ticket: Es existieren drei verschiedene Versionen von Ridley Scotts "Blade Runner", die das Tor für Spekulationen öffneten, ob Harrison Ford nicht selbst ein Replikant sein könnte. Wird die Fortsetzung das beantworten?
Villeneuve: Harrison Fords Figur, Detective Rick Deckard, ist sich selbst nicht sicher, ob er nun ein Mensch oder ein Replikant ist. Ridley Scott hat das mit Ärzten verglichen, die ständig mit Kranken beschäftigt sind und zu Hause dann die gleichen Symptome bei sich feststellen. Ich mag diese Idee, dass Deckard Zweifel an seiner eigenen Identität bekommt. Was seine Erinnerungen betrifft, kann er sich nicht sicher sein, was davon nun wirklich passiert ist. Solche Zweifel kenne ich von mir selbst. Das sind Fragen, denen ich gern nachgehe.
von tsc
am Fr, 06. Oktober 2017

Info

Blade Runner 2049

Regie: Denis Villeneuve
Mit Ryan Gosling, Harrison Ford, Ana de Armas, Jared Leto, Robin Wright.
163 Minuten, frei ab 16 Jahren
Die Story
Replikanten sind künstliche Menschen, die für interstellare Einsätze gezüchtet wurden. Weil sie zu gefährlich wurden und um sie zu eliminieren, wird die Polizeieinheit der Blade Runner gegründet. K (Ryan Gosling) ist einer von ihnen und stößt auf ein wohl behütetes Geheimnis. Er muss Rick Deckard (Harrison Ford) finden, von dem jede Spur fehlt.  

Autor: tsc

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