Kino-Interview

Schauspielerin Gemma Arterton über ihren neuen Film „Ihre beste Stunde“

Berühmt wurde sie, als ihr Körper in dem James Bond-Film „Ein Quantum Trost“ mit Öl überzogen wurde und sie den frühen Opfertod starb. Seitdem ist Gemma Arterton gut im Geschäft und bereichert mit ihrem Talent und ihrer Schönheit sowohl Blockbuster wie auch Arthaus-Filme. Markus Tschiedert traf die 31-Jährige in London, wo sie über „Ihre beste Stunde“ redeten.

Ticket: Sie spielen in "Ihre beste Stunde" eine Drehbuchautorin, sind Sie auch im privaten Leben eine gute Schreiberin?
Arterton: Nun, seit meinem 14. Lebensjahr schreibe ich Tagebuch, fast täglich kommen da meine flüchtigen Gedanken hinein. Das geht aber in keine genaue Richtung. Ich wünschte, ich könnte Drehbücher verfassen – ich glaube aber nicht, dass ich eine Filmszene strukturieren könnte.
Ticket: Gibt es andere Filmbereiche, die Sie neben der Schauspielerei noch interessieren?
Arterton: Lustig, ich habe erst im letzten Jahr meinen ersten Film produziert. Es war ein improvisierter Film, den ich mitkreiert hatte. In diesem Fall waren Schauspieler die Schreiber, denn sie haben improvisiert. Als ich mir den Film ansah, sagte ich mir: Das war ein guter Satz, und ich habe diesen Satz geschaffen.
Ticket: Liegt Ihnen die Improvisation mehr als das Aufsagen vorgefasster Texte?
Arterton: Ich mag alles! Ich erarbeite mir gerne Texte und will wissen, was mich erwartet. Das Improvisieren macht aber auch viel Spaß. Generell gilt aber, dass 80 Prozent unseres Jobs darin besteht, das Gesagte so klingen zu lassen, als hätte es der Schauspieler gerade erfunden.
Ticket: Was gefiel Ihnen an "Ihre beste Stunde"?
Arterton: Natürlich das Drehbuch, das wirklich einzigartig ist! Ich hatte zuvor noch nie ein Drehbuch in der Hand, in dem es um einen Film in einem Film geht – und das auch noch aus weiblicher Sicht für einen Propagandafilm während des Zweiten Weltkriegs. Mir war die Rolle der Frauen im britischen Filmgeschäft während jener Zeit gar nicht bewusst – und meine Figur basiert auch noch auf einer wahren Geschichte.
Ticket: Glauben Sie, dass die Rolle der Frau beim Film neu diskutiert werden müsste?
Arterton: Ja, denn die Menschheit besteht zu 50 Prozent aus Frauen. Insofern sind wir Frauen ein wichtiger Teil auf dieser Welt. Wir haben etwas zu sagen. Frauen sind in die Filmindustrie noch viel zu wenig involviert, wenn man sich die Geschichten ansieht, die so im Kino erzählt werden. Ich denke auch, dass viele Probleme, die wir auf der Welt haben, damit zu zusammenhängen, dass Frauen nicht in dem Maße anerkannt werden, wie sie sollten.
Ticket: Wie ausführlich haben Sie sich mit den Propagandafilmen während des Zweiten Weltkriegs auseinandergesetzt?
Arterton: Wir Briten waren uns zu jener Zeit bewusst, dass wir einen guten Kampf führen; auf die Deutschen traf das nicht zu. Wir drehten also gute Propagandafilme, weil sie von Hoffnung handelten. Natürlich dienen Propagandafilme immer dazu, Menschen zu manipulieren. In unserem Fall sollte eine positive Stimmung verbreitet werden, insbesondere auf Frauen, die während des Kriegs zu Hause die Stellung halten mussten. Sie wussten nicht, wo ihre Männer und Söhne gerade kämpften und ob sie noch lebten. Britische Propagandafilme entstanden damals also größtenteils für Frauen.
Ticket: Als nächstes stehen Sie unter der Regie von Julie Delpy in "My Zoe" mit Daniel Brühl vor der Kamera. Haben Sie ihn schon getroffen?
Arterton: Nein, bisher noch nicht. Aber ich habe ihn auf Partys beim Vorbeigehen schon mal gesehen und hörte, er soll ein ziemlich netter Mensch sein. Insofern freue auf die Zusammenarbeit.
Ticket: Nach Ihrer kleinen Rolle in dem Bond-Film "Ein Quantum Trost" ging es mit Ihrer Karriere stetig bergauf. Waren Sie selbst überrascht, wie schnell das passierte?
Arterton: Absolut, ich hätte auch nie damit gerechnet, dass ich mal beim Film landen würde. Denn ich wurde fürs Theater ausgebildet. Ich war mir sicher, dass das alles sein würde, was ich je zu tun bekäme. Insofern war das Ganze dann ein großer Schock für mich (lacht).
Ticket: In Hollywood sollen Sie schlechte Erfahrungen gemacht haben. Glauben Sie wirklich, dass es in den USA einen Mangel an guten Frauenrollen gibt?
Arterton: Ich denke, das ändert sich gerade, wobei ich schon längere Zeit nicht mehr in Hollywood gearbeitet habe. In Großbritannien und in Europa ist jedoch eine Veränderung spürbar. Es müssen mehr Filme entstehen, in denen Frauen die zentralen Figuren sind. Und dafür brauchen wir noch mehr Drehbuchautorinnen, die diese Perspektive einnehmen können. Selbst in Hollywood ermüdet es Frauen, immer wieder die gleichen Rollen an der Seite von Männern zu spielen. Der Trend geht dahin, dass mehr und mehr Schauspielerinnen wie ich ihre eigene Produktionsfirma gründen, um etwas Neues zu kreieren. Also: Wir befinden uns auf jeden Fall an einem Wendepunkt.








von tsc
am Fr, 07. Juli 2017

Info

Ihre Beste Stunde

Regie: Lone Scherfig. Mit Gemma Arterton, Bill Nighy, Sam Clafin, Jack Huston, Richard E. Grant u. anderen.
117 Minuten, frei ab sechs Jahren

Die Story
Um die Moral der Briten während des Zweiten Weltkriegs zu stärken, soll ein Propagandafilm entstehen. Catrin Cole (Gemma Arterton) wird beauftragt, dem Drehbuch eine weibliche Note zu verpassen. Dabei verliebt sie sich in ihren Kollegen (Sam Clafin), obwohl sie schon mit (Jack Huston) liiert ist...

 

Autor: bz

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