Kino-Interview

Sienna Miller über ihren neuen Film "Die versunkene Stadt Z"

TICKET-INTERVIEW: Sienna Miller über den Brexit, die neue US-Regierung, Abenteurer- und Mutterdasein.

Anfangs kannte man Sienna Miller (35) nur als Model und Freundin von Jude Law. Nachdem sie 2012 Mutter wurde, gibt sie nun auch beruflich Vollgas. Die gebürtige New Yorkerin, die auch den britischen Pass besitzt, überzeugte in den letzten Jahren in hochgepriesenen Filmen wie "High-Rise", "American Sniper" und "Foxcatcher". Kürzlich sah man sie neben Ben Affleck im Gangsterepos "Live by Night". Markus Tschiedert sprach mit ihr über den Abenteuerfilm "Die versunkene Stadt Z".

Ticket: Was hat Sie daran gereizt, die Ehefrau des Forschers Percy Fawcett zu spielen, der von seiner siebten Expedition nie wieder heimkehrte?
Sienna Miller: Schon als ich das Drehbuch las, war ich überwältigt von dieser Frau, die darunter gelitten hat, dass ihr Mann so oft auf Riesen war, ihn aber auch unterstützte. Sie war eine selbstbewusste Frau, die ihrer Zeit weit voraus war. Insofern gaben Regisseur James Gray und ich uns größte Mühe, sie nicht nur als Ehefrau zu zeigen, die zu Hause zurückgelassen wurde. Wie sie kämpft, fand ich sehr überzeugend und bewegend.
Ticket: Sie ist also mehr als nur die besorgte Hausfrau?
Miller: Ich sehe Nina Fawcett nicht als Frau, die am heimischen Herd ausharren muss. Für mich ist sie mutig für die Zeit, in der sie lebte. Es war mir wichtig, sie so zu porträtieren, dass man versteht, was sie auf sich genommen hat, indem sie ihrem Mann zur Seite stand.
Ticket: Sie selbst sind aber schon mehr Abenteuerin als Hausfrau?
Miller: Ob ich mich mehr als Abenteuerin sehe? Nun, das würde ich momentan eher verneinen, denn ich habe ein vierjähriges Kind, und die Rolle als Mutter passt mir sehr gut. Ich bete eher darum, nicht schon wieder aus dem Haus zu müssen.
Ticket: Glauben Sie, dass in jedem Menschen ein gewisser Forscherdrang steckt?
Miller: Heutzutage hat sich die Technik mit Google und Google Maps so weit entwickelt, dass viele gar keine Notwendigkeit sehen, Erfahrungen aus erster Hand machen zu wollen. Man kann sich dreidimensionale Landkarten und Kunstwerke auch daheim ansehen. Gleichzeitig geht dadurch auch etwas verloren. Ich glaube, dass die Sehnsucht, etwas erforschen zu wollen, grundsätzlich in uns steckt, eine Art ererbte Qualität ist.
Ticket: Wie erforschen Sie eine neue Rolle – eher intellektuell, intuitiv oder emotional?
Miller: Es ist eine Kombination aus allem. Wenn ich etwas lese und ich dabei eine Verbundenheit spüre, will ich auch wissen, warum das so ist. Deshalb bleibe ich dran, bis ich es herausgefunden habe. Das passiert zuerst auf einer emotionalen Ebene, dann lese ich Bücher dazu und schaue mir Dokumentationen an. Ich komme mir wie eine Forscherin vor, die immer mehr über die Hintergründe wissen will.
Ticket: Gewiss lässt sich das auch auf Ihr Leben übertragen...
Miller: Ja, ich bin auch im Leben eine Forscherin und Entdeckerin. Verrückte Leute tendieren nun mal dazu, und ich würde diesen Job nicht tun, wenn das nicht so wäre.
Ticket: Was war das Letzte, was Sie für sich selbst entdecken konnten?
Miller: In Amerika zu leben und die Politik in diesem Land zu entdecken. Die Tatsache, dass jemand lügt und damit durchkommt, lässt mich erstarren. Uns steht eine ungewöhnliche Zeit bevor, was sicherlich mit dem Internet zu tun hat, wo jeder sagen kann, was er will, und es wird akzeptiert. Die Welt ist im Begriff, sich zu verändern.
Ticket: Aber das passiert doch auch in Großbritannien...
Miller: Ja, mit dem Brexit, weshalb ich auch nach Amerika gegangen bin, und nun kriege ich mit, was dort passiert. Die Welt wird immer verrückter. Aber die Kunst stimmt noch. Zumindest eine Sache.
Ticket: In "Interview" spielen Sie eine Schauspielerin, die mit einem Journalisten in Streit gerät: Ist Ihnen das jemals in echt passiert?
Miller: Ich lasse niemals Journalisten in mein Haus (lacht). Aber ich war auch noch nie versnobt gegenüber Journalisten. Doch wer weiß, was noch alles passieren kann...






von tsc
am Fr, 31. März 2017

Info

DIE VERSUNKENE STADT z

Regie: James Gray
Mit Charlie Hunnam, Sienna Miller, Robert Pattinson, Tom Holland u. a.
141 Minuten, frei ab 12 Jahren

Die Story
Offizier Percy Fawcett (Hunnam) soll den Amazonas erkunden. Dabei stößt er auf Spuren einer versunkenen Stadt. Zu Hause will ihm keiner glauben. Nach anfänglichen Zögern ermutigt ihn seine Frau (Miller) zu einer weiteren Expedition...  

Autor: bz

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