Kunst und Zeit

Silvia Ehrlinger und Emanuel Ogrodniczek zeigen im Offenburger Artforum Arbeiten unter dem Titel "Zeitlos"

Unter dem Titel "Zeitlos" zeigen Silvia Ehrlinger und Emanuel Ogrodniczek Arbeiten im Artforum / Vernissage am Sonntag.

OFFENBURG. Der Künstlerkreis Ortenau zeigt in der Galerie im Artforum Werke von Silvia Ehrlinger und Emanuel Ogrodniczek. Beide Künstler widmen sich in ihren Werken dem Thema Zeit. Die Vernissage ist am kommenden Sonntag, 5. März, um 11 Uhr.

Die seit 1980 bestehende Künstlervereinigung, die derzeit unter der Leitung des Holzdruck-Grafikers Manfred Schlindwein steht, organisiert jedes Jahr sechs Ausstellungen. Davon sind zwei jeweils Künstlern aus dem eigenen Mitgliederkreis vorbehalten. Der Verein zählt derzeit 32 Mitglieder. Mit den anderen vier Terminen wird externen Künstlern eine Ausstellungsmöglichkeit geboten. Eine Jury aus Mitgliedern entscheidet unter den Bewerbern, deren Ausstellungen oft von Mitgliedern teilweise auch kuratiert werden.

"Zeitlos", wie der Titel der aktuellen Ausstellung suggeriert, ist die Werkauswahl gerade nicht. Im Gegenteil, die Zeit in ihren verschiedenen Ausprägungen ist bei beiden Künstlern das dominierende Schaffensmotiv. Für Silvia Ehrlinger aus Nordrach ist Zeit zunächst schlicht Leben. Nicht ganz zufällig ist ihr primärer Werkstoff "Zeit"-ungspapier, die Sorte wie das vorliegende, nicht das der Hochglanzmagazine. Wie rasant die Zeit über die Zeitung hinweg geht, weiß der Zeitungsfreund. Gefaltet, verleimt und gewunden, erzeugt sie damit organische Strukturen, die an Holzmaserung oder verrottendes Holz erinnern. Dem ohnehin schon bunten Material gibt die ausgebildete Kunstmalerin eine kräftige Kolorierung hinzu. Und doch, unter der Farbe und in den Ritzen, wo sie nicht hingelangt, vergilbt das Papier – es altert. Die Zeit.

Lebensläufe, Strömungen und Ereignisse kreuzen und verwickeln sich in der Zeit. Die Künstlerin zeigt dazu Papierbündel, die wie Strickwerk flächig über- und untereinander laufen: "Verflechtungen". Wohl einzigartig in der Machart sind Ehrlingers "Wurfdrucke", wie sie sie nennt. Stoffstücke versieht sie dazu mit Farbe und lässt sie auf Trägermaterial fallen. Dies kann zum Beispiel eine Vinyltapete sein, wie bei den beiden meterhohen Bahnen, die in der Ausstellung zu sehen sind. Die Farbe muss relativ trocken sein, sonst verläuft sie unkontrolliert. So ergeben sich textile Abdrücke in sphärischen Gebilden, die, wo sie sich überlappen, wieder neue Strukturen bilden. Verläufe.

Für Emanuel Ogrodniczek ist Zeit in erster Linie nichts Numerisches, Messbares, sondern ein bestimmter, unwiederholbarer Moment. Für den Künstler ist dies natürlich der Zeitpunkt der Inspiration und Ausführung. Kein Tag ist wie der andere. Jeden Morgen, so erklärt er bei der Vorabbesichtigung der Ausstellung, für die Presse, macht der Lahrer in seinem Atelier eine "Standortbestimmung". Wie ist die innere Verfassung heute, jetzt? Er unterscheidet für sich über 20 verschiedene Stimmungen und hat für jede eine Schablone angefertigt. Es sind Formen, die an weibliche Körper erinnern, was aber nicht beabsichtigt ist, wie der Künstler versichert.

Sie "prägt" er reliefartig in die Leinwand, indem er den Stoff um ihre Konturen abnäht, die Ausbuchtung mit Watte füllt und auf der Rückseite mit einem Stoffstück zunäht. Der gelernte Bekleidungstechniker arbeitet mit einer alten Pfaff. So entstehen rechteckige, monochrome Wandobjekte, Ansammlungen von Stimmungen, in Reihen geordnet bis vollkommen ungeordnet. Aus Ordnung entsteht Chaos und wieder Ordnung. Mit der Zeit.

Galerie im Artforum, Okenstraße 57, Eingang von der Tullastraße, 77652 Offenburg. Vernissage 5. März, 11 Uhr. Ausstellungsdauer: bis 2. April.
von Dierk Knechtel
am Fr, 03. März 2017

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