Stimmen-Festival

Sinéad O'Connor und andere in der Augusta Raurica

Musik von der grünen Insel an zwei Abenden in Augst.

Grüne Hügel, alte, verwitterte Steine – es braucht nicht viel Fantasie, um das Theater im antiken Augusta Raurica in einen mythischen keltischen Ort zu verwandeln. Wenn dann noch der passende Sound erklingt, mit Fiddle, Banjo, Bodhrán, ist das Ambiente für "Irish Vibes and Waves", so der Titel des Festivalprogramms am ersten Juliwochenende im Schweizerischen Augst, perfekt.

Auch wenn sie sich im Laufe ihrer musikalischen Karriere weit davon entfernen, ihr gemeinsames musikalisches Erbe, den Irish Folk, vergessen Musikerinnen und Musiker von der grünen Insel nie.

Die ewige Rebellin Sineád O’Connor zum Beispiel, die am Sonntagabend im Theater in Augst auftritt, hatte mit dem Prince-Titel "Nothing compares to you" ihre weltweiten Durchbruch. In ihrem mittlerweile sechsten und aktuellen Album besinnt sich die Sängerin indes auf die musikalische Tradition ihres Herkunftslandes. Zwar ist "I’m not bossy, I’m the boss" ein, wie sie sagt, Pop-Album. Doch wer sucht, kann Irland auch darin finden.

Elfengleiche Töne sind die Sache von Sinéad O’Connor indes nicht. Nach nebelverhangenen grünen Hügeln klingt sie selten, und Trolle dürften ihren Konzerte auch lieber fern bleiben. Zu irdisch, zu diesseitig sind die Songs, die sie mit kraftvoller, aber auch zerbrechlicher Stimme vorträgt.

Sinéad O’Connor ist eine Getriebene, für die Musik nicht das Einzige ist, was zählt, die aber von der Musik nicht lassen kann. 2003 hatte sie gar ihren Rückzug aus dem Musikgeschäft verkündet. Sie wolle nun, so verkündete sie, ein ganz normales Leben führen. Zwei Jahre später erfolgte der Rückzug vom Rückzug. Sie brachte ein neues Album heraus, in dem sie sich, wie immer mit vollem Einsatz, das für sie unbekannte Terrain des Reggae eroberte. Manche haben dieses neue Album für zu leicht befunden; viele andere aber waren begeistert, wie sie überhaupt alles lieben, was die mittlerweile 49-Jährige seit nun mehr als 25 Jahren tut.

Eröffnen wird den Abend der junge Sänger Mick Flannery. Im Gegensatz zu O’Connor sind seine Songs wenig rebellisch. Er legt sehr viel Wert auf seine Texte, nennt Tom Waits und Leonard Cohen als seine Vorbilder. Und genau so klingt er auch. Flannery ist ein Geschichtenerzähler, der sich selbst eher zurücknimmt und auf die Wirkung seiner Stücke vertraut.

Gleich drei Künstler und Bands, die alle eher der traditionellen irischen Musik verpflichtet sind, eröffnen die Vibes-und-Waves-Reihe am Abend zuvor. Besonders die aus dem nordirischen Derry stammenden Sängerin Cara Dillon scheint Unterstützung aus der Anderswelt zu haben, so überirdisch schön ist ihre Musik. Selbst Elfen und Feen dürften sich erstaunt die Augen reiben, wenn die fast 40-Jährige zu singen anhebt, so melancholisch, so bittersüß sind ihre Stücke.

Der irischen Musik verbunden, aber unterwegs damit in die Welt der Roots-Musik sind die Geschwisterbands Henry Girls und We Banjo 3. Auch diese Familienmusik klingt ziemlich irisch. Fiddle und die Rahmentrommel Bodhrán kommen zum Einsatz, bei den Henry Girls auch die Harfe. Letztere, in Person von Karen, Lorna und Joleen McLaughlin, sind Multiinstrumentalistinnen, die mit harmonischer Mehrstimmigkeit brillieren und keine Berührungsängste zu anderer Musik haben. Viel Americana ist in ihrer Musik, aber auch viel Irish Folk. Und weil sie sich so vieler Stile bedienen, sind ihre Stücke sehr abwechslungsreich. Ein wohliges Zurechtkuscheln ist da nicht drin.

Die beiden Brüderpaare von We Banjo 3 waren erst im April in der Region. Bei Akustik in Agathen begeisterten sie mit ihrer Mischung aus Irish Folk und Bluegrass. So virtuos, so fingerfertig kann Irish Folk sein. Die Jungs spielten ihr Publikum fast schwindelig .

Bliebe noch die Sache mit dem Wetter, genauer, mit dem Regen, der zum irischen Ambiente dazuzugehören scheint. Doch so authentisch muss es dann doch nicht sein. Grüne Hügel, Steine und irische Musik reichen aus. Man muss es ja nicht übertreiben.
– Sa, 4. Juli: C. Dillon, Henry Girls, We Banjo 3; 5. Juli, M. Flannery, S. O’Connor, Aug. Raurica, jew. 20 Uhr
von Martina David-Wenk
am Sa, 13. Juni 2015

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