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Tiere in der Stadt (6)

So lebt das Wildkaninchen in der Stadt

Simone Höhl
  • Di, 24. Mai 2016, 09:22 Uhr
    Freiburg

Die wilden Karnickel mögen die Großstadt, und die Städter mögen die Tiere. Es sei denn, sie sind BMX-Fahrer oder Gärtner. Denn Wildkaninchen buddeln und fressen, was das (Grün)Zeug hält.

Die wilden Karnickel finden in Städten...ebensbedingungen als auf dem Land vor.  | Foto: Boris Roessler
Die wilden Karnickel finden in Städten wie Freiburg bessere Lebensbedingungen als auf dem Land vor. Foto: Boris Roessler
Das Wildkaninchen ist in die Großstadt gezogen. Besonders gut gefällt es dem Freiburger Karnickel zum Beispiel im Dietenbachpark. Überhaupt leben die Wildtiere in der Stadt sogar besser als auf dem Land. Und nein: Es sind keine verwilderten Hauskaninchen.

Warum kommt das Wildkaninchen in die Stadt?
Nicht, weil jemand seine Haustiere ausgesetzt hat. "Sie kommen in die Stadt, weil sie gute Bedingungen vorfinden", erklärt Geva Peerenboom. Die Forstwirtin forscht mit Kollegen an der Uni Freiburg über Wildtiere in Siedlungsräumen. Das Wildkaninchen wird schon länger von der intensiven Landwirtschaft verdrängt. Es ist auf kleinräumige Strukturen angewiesen, braucht einen Mix aus Grünflächen, Hecken und Verstecken. "Die Wildkaninchen profitieren von der Stadt", sagt Peerenboom.

Wie lebt das Wildkaninchen?
Die Stadtkaninchen leben oft in Gärten und Parks. Ein Schwerpunkt liegt im Dietenbachpark im Stadtteil Weingarten, auch in Vauban Richtung Merzhausen gibt’s einige. In Freiburg hat sich wie auch in Karlsruhe und Mannheim eine "sehr vitale Population etabliert", steht auf der Onlineplattform der Forscher zur neuen Nachbarschaft von Städtern und Wildtieren: Die Fortpflanzung der Kaninchen ist sprichwörtlich, von März bis Oktober können die Weibchen sieben Würfe mit bis zu neun Jungen in ihrem Nest zur Welt bringen. Die Wildkaninchen-Babys sind anfangs nackt und blind. Im Gegensatz zu den nestflüchtenden Jungen der Feldhasen, mit denen nicht nur Kinder Kaninchen gerne mal verwechseln. Feldhasen sind viel größer als Karnickel, haben längere Ohren und Hinterbeine. Und sie leben nicht in unterirdischen Bauten wie ihre entfernten Verwandten: Immer ein oder zwei Wildkaninchen teilen sich einen Bau, der mehrere Wohnkessel und eine Gesamtlänge von bis zu 45 Meter hat. Die Tiere haben meist ihre Großfamilie um sich herum.

Wie ist das Karnickel denn so als Nachbar?
Im Großen und Ganzen sind Wildkaninchen sehr beliebt. Wenn Kinder sie sehen, denken sie gleich an den Osterhasen, auch Erwachsene freuen sich im Allgemeinen über den Anblick. Es sei denn, sie sind BMX-Fahrer oder Gärtner.

Die Wildkaninchen im Dietenbachpark haben schon mal ihre Baue in der BMX-Strecke angelegt. In dem Park haben die Tiere schon so überhand genommen, dass das Garten- und Tiefbauamt vor Jahren überlegte, sie von einem Spezialisten mit Frettchen und Falken jagen zu lassen, erklärt Sprecherin Martina Schickle. "Das war aber so teuer, dass wir davon abgesehen haben." Es gab auch schon Schäden an jungen Bäumen, dagegen haben Drahtmanschetten um die Stämmchen geholfen. Auch eine Baumschule hatte Probleme, erzählt Andreas Schäfer vom städtischen Forstamt, das Tipps gibt und Experten vermittelt. Schäden versucht man auch durch Einzäunen in den Griff zu kriegen, wobei der Zaun in den Boden eingegraben werden muss.

Wildkaninchen mögen Grünzeug, sie sind "generalistische Pflanzenfresser", sagen die Forscher der Uni. "Die fressen gerne alles kurz und klein", sagt Geva Peerenboom. Das führt auch mal zu Konflikten mit Hobbygärtnern. Aber Schäden an kleinen Grundstücken und in Gärten sind selten, da die Tiere scheu sind, und zudem nicht irreparabel, sagten die Forscher. "So können wir das Stückchen Wildnis vor der Haustür auch einfach genießen und die Tiere beobachten."

Tipps zum Beobachten und zum Beachten
Wildkaninchen in Parks haben gelernt, dass Menschen keine Gefahr darstellen, und hoppeln nicht so schnell weg. Überhaupt scheinen Mensch und Hund die Stadt-Wildtiere nicht so zu stören, wenn sie ihnen nicht zu nahe kommen. Mit etwas Abstand und dem Hund an der Leine sind sie gut zu beobachten – am besten wenn’s dämmert, sagt Geva Peerenboom. Wildkaninchen im Garten und Hauskaninchen sollen keinen Kontakt bekommen, denn die wilden Nachbarn könnten Parasiten und Viren übertragen. Ansonsten gilt: Ein Wildtier ist kein Haustier, sagt Förster Andreas Schäfer. "Wildtiere nicht füttern, nicht berühren und nicht einsammeln, auch nicht kleine Jungtiere."
Infos

Mehr Infos gibt’s auf der Internetseite http://www.wildtiere-stadt.wildtiere-bw.de und Rat beim Forstamt unter Tel. 0761/201-6201.

Mehr zum Thema:

Ressort: Freiburg

Dossier: Tiere in der Stadt

  • Artikel im Layout der gedruckten BZ vom Di, 24. Mai 2016: PDF-Version herunterladen

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