Kunst

Tanzen bis zur Trance: Eine historische Ausstellung im Straßburger Musée de l'OEuvre Notre-Dame

Eine historische Ausstellung im Straßburger Musée de l’Œuvre Notre-Dame.

Sie faszinieren uns bis heute, die Überlieferungen von einer selbstvergessenen Trance, die im Straßburg des frühen 16. Jahrhunderts wie aus dem Nichts die Menschen erfasst hat. Mit einer Frau soll es angefangen haben. Schnell sind es Dutzende, jeden Tag kommen mehr hinzu, bis sich Hunderte dem von der Obrigkeit nicht mehr kontrollierbaren Rausch hingeben. Manche haben Schaum vor dem Mund, zuckende Bewegungen ängstigen die verschont Gebliebenen.

Ein Trauma hat er in der damals wohlhabenden Stadt hinterlassen, der "Sankt Vits Tanz", wie er genannt wird nach dem Heiligen, den man 1518 für derlei Zustände für verantwortlich hält. Um sie zu heilen, wird man die Tanzwütigen auf Wallfahrt in die ihm geweihte Kapelle bei Saverne schicken. Bis dahin hat man ausprobiert, sie zum Tanzen, in manchen Fällen bis zum Tode anzutreiben. Schließlich verhängt der Magistrat der Stadt einen Hausarrest für die Befallenen.

Dabei ist Straßburg in dieser Zeit kein Einzelfall, wenn auch ein besonders gut dokumentierter. Das Straßburger Musée de l’Œuvre Notre-Dame widmet fünf Jahrhunderte nach der Tanzepidemie diesem doch makabren historischen Phänomen eine eigene Ausstellung.

Den Sog des Tanzes arbeitet die Schau mit distanziertem Blick auf, stellt alte Interpretationen auf den Prüfstand und in den Kontext von Wissenschaft und Geistesgeschichte. Dafür bietet sie etliche historische Schätze aus den Sammlungen von Museen und Archiven der Stadt auf, versteht es aber auch, die Geschichte ansprechend zu präsentieren.

Das Spektakel wird nicht als Werk von Hexen gedeutet werden, wie man befürchten könnte. Nach zwei Monaten kommen Männer, Frauen, Kinder, Bettler, Dienstboten und Tagelöhner endlich zur Ruhe.

Termine: Straßburg, Musée de l’Œuvre Notre-Dame, 3 place du Château. Bis
24. Feb., täglich außer Mo 10–18 Uhr;
1. und 11. Nov. geschlossen;
http://www.musees.strasbourg.eu
von Bärbel Nückles
am Fr, 26. Oktober 2018

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