Theater

Thiemo Strutzenberger inszeniert den Roman "Das Ende von Eddy" in Basel

Thiemo Strutzenberger inszeniert den Roman "Das Ende von Eddy" in Basel.

Mit Édouard Louis’ autobiografischem Werk "Das Ende von Eddy" feiert der Dramatiker und Schauspieler Thiemo Strutzenberger (Jahrgang 1982) sein Regie-Debüt am Theater Basel. Damit hat er sich keinen leichten Stoff ausgesucht. Der Roman handelt von prekären Lebensbedingungen in einem Milieu, das von Gewalt und Armut geprägt ist. Katja Fuchs sprach mit Thiemo Strutzenberger über sein Projekt am Telefon.

Ticket: Ist "Das Ende von Eddy" Ihre erste Regiearbeit? Was reizt Sie am Inszenieren?
Strutzenberger: Eddy ist tatsächlich meine erste Regiearbeit. Wenn ich inszeniere, kann ich meinen eigenen Vorstellungen davon, wie ich mir Theater wünsche, stärker als als Schauspieler nachgehen. Ich kann dabei Visionen und Zugänge umsetzen, die ich sonst Konzepten von anderen unterordnen müsste. Das reizt mich daran: die Möglichkeit, meinen eigenen Beitrag zu formulieren.

Der Tänzer spricht, der Schauspieler tanzt

Ticket: Haben Sie das Stück der Intendanz vorgeschlagen, oder wurden Sie für die Arbeit angefragt?
Strutzenberger: Das Buch kursierte vor einiger Zeit in der Dramaturgie des Theaters und hat dort Beachtung gefunden. Der Vorschlag, den Roman mir zu übergeben und mich damit machen zu lassen, kam vom Intendanten Andreas Beck.
Ticket: Was reizt Sie daran?
Strutzenberger:
Mich hat besonders die Möglichkeit gereizt, aus einem existierenden Text – ob Roman oder Drama oder etwas anderes, war dabei eigentlich nebensächlich – eine eigene Fassung erstellen zu können. Dabei dem nachgehen zu können, was mich daran interessiert und es in dem Sinn für die Bühne zu arrangieren. Das Thema von Eddy kam mir dabei entgegen. Die Möglichkeit, das mit dem Kollegen Vincent Glander, mit dem ich auf der Bühne schon lange zusammenarbeite, zu machen, fand ich reizvoll. Auch die Auseinandersetzung mit der Arbeit des Tänzers Javier Rodriguez, mit dem ich die Choreographien entwickelt habe. Dabei sind wir der Frage nachgegangen: Was kann der Ausdruck des Körpers, das die gesprochene Sprache nicht kann – und umgekehrt? Reizvoll fand ich auch die Idee, den Tänzer zum Sprechen und den Schauspieler zum Tanzen zu bringen.
Ticket: Wie konkret wollen Sie das Buch auf der Bühne umsetzen?
Strutzenberger: Das kommt darauf an, was Sie unter "konkret" verstehen. Die Erfahrungen und Umstände, die in "Das Ende von Eddy" geschildert werden, nimmt diese Arbeit sicher besonders konkret auf. Sie werden in der Sprache und in der Erfahrung des Spielens, Sprechens und der Choreographie hoffentlich äußerst lebendig. Aber wenn Sie milieugetreue Abbildungen erwarten, werden Sie womöglich enttäuscht sein.
Ticket: Édouard Louis erzählt seine eigene Geschichte. Wie wird das auf der Bühne gelöst? Gibt es einen übergeordneten Erzähler?
Strutzenberger: Nein, eher niemand übergeordneten. Wenn, dann spielt der Schauspieler die Figur, die Louis in seinem Roman in der Ich-Form erzählen lässt. Aber der Spieler gibt auch alle anderen Figuren. Wir nehmen vielleicht das Motiv des Autobiographischen auf, indem eine Fotografie des Tänzers als Kind im Bühnenraum angebracht ist und uns daran erinnert, in welchem Alter sich die Geschichte abspielt. Es geht mir neben der Überprüfung des Gehalts des Textes darum, dass, was er erzählt, in bestimmte Atmosphären zu tauchen.
Ticket: Was macht "Eddy" aktuell?
Strutzenberger: Ich finde, das machen die Geschlechtervorstellungen, die Armut und die Gewalt, die darin geschildert werden. Eddy wird ständig damit konfrontiert, dass er aus der Jungenrolle fällt, hält sich selbst für ein Mädchen und wird dazu von einer fast rituell ausgeübten physischen Gewalt von älteren Mitschülern heimgesucht. Er übt, im panischen Versuch, es der Erwartung der Männlichkeit recht zu machen, dann auch selbst Gewalt aus: gegen ein Mädchen. Aktuell ist an dem Buch auch die Beschreibung der Armut und der Arbeitsbedingungen. Und zwar mitten in Europa. Es ist damit ein dramatischer Kommentar zu den ökonomischen Bedingungen unter denen gelebt wird. 700 Euro für sieben, das reicht – sagt der Vater über sich und seine Familie. Die Armut ist aber auch in einem Milieu geschildert, das Louis als rechtsaußen beschreibt.

Termine: Basel, Theater, Premiere: 19. Okt., 19.30 Uhr, sowie 22. Okt., 7. Nov.
von bz
am Fr, 13. Oktober 2017

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