Theater

Thom Luz inszeniert im abrissbereiten Basler SRF-Studio ein "Radio Requiem"

Thom Luz inszeniert im abrissbereiten Basler SRF-Studio ein "Radio Requiem".

Es war damals das modernste Radiostudio Europas. Das ist ein paar Jahre her: genau gesagt 78. Am 7. September 1940 wurde in Basel auf dem Bruderholz ein Gebäude mit sieben Aufnahmeräumen eröffnet. Das Studio an der Novarastraße 2 wird bald Geschichte sein: Ende des Jahres wird es abgerissen, um zwei Wohnblöcken zu weichen.

Grund genug für einen nostalgischen Abschied: Und wer wäre geeigneter, Räume mit Patina in Szene zu setzen als der Schweizer Theaterzauberer Thom Luz? Der 1982 in Zürich geborene Regisseur und Bühnenbildner, der gerade mit seiner jüngsten Produktion "Girl From The Fog Machine Factory" zum Berliner Theatertreffen eingeladen war, veranstaltet am Bruderholz ein "Radio Requiem": Dabei wird das Gebäude selbst mit seinen knarrenden Türen und Schallkammern zum Hauptdarsteller in einer "begehbaren Rauminszenierung", bei der die Zuschauer beziehungsweise Zuhörer zwischen 19 und 22 Uhr alle halbe Stunde zu einem Spaziergang durch das Haus gebeten werden.

Man kann sich vorstellen, wie Thom Luz, ein Meister der Nebelmaschine, das Studio am Bruderholz zum Leben erwecken wird, wenn man zum Beispiel seine Adaption von Judith Schalanskys "Atlas der abgelegenen Inseln" gesehen hat: Beim Theatertreffen im Jahr 2015, zu dem Luz erstmals eingeladen war, fand seine verzaubernde Inselbegehung in einem historischen Schulgebäude in Pankow statt. Luz, von der Fachzeitschrift Theater heute 2014 als Nachwuchsregisseur des Jahres ausgezeichnet, ließ sein Stück dabei auf mehreren Stockwerken und Ebenen spielen, wobei die Klänge – musikalische Fetzen – eine herausragende Rolle spielten. Was würde sich als Ort für eine akustische Installation besser eignen als ein Radiostudio? Man kann Archivmaterial einspielen – immerhin wurden hier zahllose Nachrichtensendungen und hunderte Stunden Hörspiel produziert –, man kann die Geister von gestern beschwören, Schauspielerinnen versammeln, die mit der Arbeit an einem allerletzten Hörspiel beschäftigt sind: Kurzum, die Zusammenarbeit des Basler Hausregisseurs mit dem Ensemble des Theaters dürfte im Geisterhaus am Bruderholz schönste Früchte tragen. Mit vierzehn Darstellern und Darstellerinnen plus der Statisterie des Hauses steht Thom Luz das nötige Personal zur Verfügung, um seinen Requiemspaziergang entsprechend zu bevölkern.

Das Theater deklariert "Radio Requiem" als Uraufführung: Der erste Ort wird indes der letzte sein. Ein Kapitel der Schweizer Mediengeschichte geht unwiderruflich zu Ende. Schön, dass es noch einmal aufgeblättert wird.

Termine: Basel, "Radio Requiem", SRF-Studio (Novarastr. 2), Premiere: Mi, 29. Mai, 19 bis 22 Uhr. Zudem: 31. Mai sowie 1., 3., 4., 11. bis 13., 15. und 20. Juni
von Bettina Schulte
am Fr, 24. Mai 2019

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