Theater

Vier Ensembles inszenieren am Theater Freiburg Stücke zum Thema Menschenhandel

TICKET-INTERVIEW: Der Freiburger Dramaturg Jonas Görtz zum Thema Menschenhandel.

Unter dem Titel Human Trade Network widmen sich vier internationale Theatergruppen dem Thema Menschenhandel. Vom 21. bis 25. Juni finden dazu Inszenierungen aus Deutschland, Rumänien, Indien und Burkina Faso am Theater Freiburg statt. Constantin Hegel hat mit dem Schauspieldramaturgen Jonas Görtz (33) über das Projekt gesprochen.

Ticket: Herr Görtz, worum handelt es sich beim Projekt Human Trade Network?
Görtz: Wie der Name besagt, ist es ein Theaternetzwerk. Der künstlerische Leiter Clemens Bechtel hat vier Partner vereint, um ein gemeinsames Projekt über alle Facetten des Menschenhandels zu machen. Netzwerk bedeutet nicht, dass alle an einer gemeinsamen Inszenierung arbeiten, sondern dass man im Austausch steht. Auftrag an jedes Theaterteam war, intensive Recherchen zu betreiben in Form von Reisen und auch vor Ort in den jeweiligen Städten.
Ticket: Wie sieht es denn mit dem Menschenhandel in Deutschland aus?
Görtz: Das deutsche Team war in Rumänien – und umgekehrt. Dabei hat das rumänische Team auch in und um Freiburg recherchiert. Sie haben Örtlichkeiten besucht wie Schlachthöfe und Spargelfelder. Es gibt tatsächlich mehr als genug Recherchegrundlagen für Menschenhandel in Deutschland. Man muss da nicht weit schauen.
Ticket: Was kam bei der Recherche in Freiburg heraus?
Görtz: Im deutschen Stück "For Sale" ging es nicht um Leiharbeiterschaft wie bei den Rumänen, sondern um Adoptionskinder – also den Verkauf von Kindern aus Rumänien nach Deutschland. Dabei hat man hier vor Ort Beteiligte getroffen. Deren Eindrücke sind dann auf die Bühne gewandert, allerdings nicht als direkte Zitate. Es geht viel mehr um den Mechanismus – Beispiel: Ich als wohlhabender Mitteleuropäer will einer armen Familie in Rumänien helfen. Aber dieser Mechanismus hat große Abgründe, und das zeigt das Stück sehr eindrucksvoll.
Ticket: Spielt die Flüchtlingskrise eine Rolle im Projekt?
Görtz: Nein. Die Motivation war, weniger auf tagesaktuelle Ereignisse zu reagieren, sondern den grundlegenden Mechanismus offenzulegen. Clemens Bechtel hat das die Monetarisierung der Welt genannt. Alles auf der Welt hat ein Preisschild bekommen.
Ticket: Welche Themen behandeln die Gruppen aus Burkina Faso und Indien?
Görtz: Bei den burkinischen Kollegen ist es die Frage nach Kinderarbeit, vor allem im Kontext von Familien. Die indischen Kollegen beschäftigen sich mit dem sogenannten Cyber-Trafficking – also der sexuellen Ausbeutung von Kindern im Internet. Alle diese Themen verweisen auf perfide Auswucherungen des globalen Kapitalismus.

Termine: Freiburg, Human Trade Network,
Theater, Mi, 21., bis So, 25. Juni.

von bz
am Fr, 16. Juni 2017

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