Von Lingelelöchern und Pingen

Ehrenkircher Erlebnispfad führt Besucher auf eine Zeitreise der besonderen Art.

Würde jemand fragen, wohin wir heute aufbrechen, und wir würden antworten: "Zu den Lingelelöchern mit seinen Pingen", dann würde manch einer wohl verständnislos die Stirn runzeln, unsere Destination in einem anderen Land vermuten oder auf eine besondere Sprache in einer Art Geheimcode tippen. Und ganz so falsch würde er damit nicht liegen, denn wir wollen heute eine Zeitreise unternehmen, die uns in eine mittelalterliche Landschaft führen soll, ins Bergbaurevier Lingelelöcher im Ehrenstetter Grund. 

Spannend ist dieser Ausflug in vielerlei Hinsicht: Zum einen bietet der von der Archäologie-Werkstatt Freiburg ebenso wissenschaftlich wie verständlich aufbereitete Rundkurs durch den Ehrenstetter Grund Einsichten in das Leben und Arbeiten der Bergleute von anno dazumal. Und beleuchtet obendrein ein Stück Kulturgeschichte, dem Freiburg und die 1346 untergegangene Stadt Münster im heutigen Münstertal ihren mittelalterlichen Reichtum verdankten. Und zum anderen ist der Bergbaupfad so konzipiert, dass er als Radtour-Fußmarsch-Radtour-Sandwich viel Abwechslung bietet.

Als Startpunkt wählen wir Staufen, denn dort gibt’s Räder zum Ausleihen, und da sich Bergbaupfad nach ziemlich viel Berg anhört, entscheiden wir uns für Modelle mit Elektromotor. So perfekt ausgestattet, mit Sonne im Nacken und Zusatzantrieb unterm Sattel, radeln wir locker Richtung Ehrenstetten. Schön eben sind die ersten Kilometer, führen zunächst unterhalb der pittoresken Staufener Burg, dann an Obstbaumplantagen und Maisfeldern vorbei. Wir rollen nach Ehrenstetten bis zum Autohaus Gutmann, folgen der Schwarzwaldstraße und den Schildern Richtung Schützenhaus bis zur ersten Tafel.

Was, schon absteigen? Zu schön war die lockere Tour dank Eco- und Trail-Gang, bei der Wolken, Wiesen und Felder wie in einem lebensechten Daumenkino vorbeifliegen. Doch dann fesselt die Übersichtstafel den Blick, zu lesen ist vom Silberrausch, der auch den südlichen Schwarzwald erfasste – der älteste schriftliche Hinweis auf Bergbau datiert von 1028 – und zu einem der wichtigsten Silber-Abbaugebiete in Deutschland machte. Doch um richtig einzusteigen in den Pfad, heißt es weiter, könne man noch rund 3,2 Kilometer mit dem Rad bis zum Fahrradparkplatz im ehemaligen Silbererzabbaugebiet fahren.

Leise surrt das E-Bike und vorbei an einem sanft plätschernden Bächlein, satt-grünem Buchenwald mit idyllischen Wiesenlichtungen kurbeln wir uns immer tiefer in den Wald und ins ehemalige Bergbaurevier hinein. Wie es damals wohl ausgesehen haben mag? Das verrät schon bald darauf die nächste Tafel kurz nach dem Abstellplatz: Die Bergleute gruben Stollen und Schächte in die steilen Waldhänge, durchlöcherten den Ehrenstetter Grund wie einen Schweizer Käse. Dabei ersannen sie ausgefuchste Techniken, um das Wasser, das immer wieder eindrang, abzutransportieren – so umgesetzt in der Radstube, einer riesigen Naturkammer aus steil aufragenden Felsen, vor der wir kurz darauf stehen. Wir staunen: Das alles haben die Bergmänner damals mit einfachsten Werkzeugen in den Felsen gehauen? Wie gewaltig das riesige Wasserrad darin ausgesehen haben mag, lässt eine Grafik erahnen.

Viele weitere in Stein gehauene, mittelalterliche Zeugnisse entdecken wir auf unserem Rundgang: Da sind die sogenannten Pingen, trichterförmige Vertiefungen, die beispielsweise dort entstanden sind, wo Schächte einstürzten. Wir gucken hinein in die schwarze Tiefe des Bergbauschachts Lingeleloch – ganze 48 Meter soll es hinuntergehen. Zum Glück ist der Schacht so gut geschützt, dass allenfalls der Blick und die Fantasie ein Stück abstürzen können.

Wie Höllenmaschinen der Neuzeit wirken unsere modernen Räder, als wir sie am Ende unseres Fußwegs durch die mittelalterlichen Geländedenkmäler erreichen. Und während wir aufsteigen und losfahren, hallen die Eindrücke nach wie ein ganz weit entferntes Hämmern und Klopfen der Schlägel und Eisen.
von anfe
am Mo, 24. September 2018

INFO

Der Bergbaupfad von Staufen aus bis Fahrradparkplatz rund
10 Kilometer, Fußweg 2 Kilometer,
Info: http://mehr.bz/bergbauweg

Radverleih:
Intersport Haaf, Wettelbrunner Str. 2, 79219 Staufen
Preise:
½ Tag: E-MTB 20,
Kinder-E-MTB 18 Euro;
1 Tag: E-MTB 35,
Kinder-E-MTB 28 Euro; Tel. 07633/939440,
http://www.intersport-haaf.de

Weitere Infos:
http://www.muenstertal-staufen.de  

Autor: anfe

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