Mit dem Wanderbus zum Ziel

Wanderung in der Wutachschlucht

Exotische Welten, tropfende Felsen und viel Natur: Wanderung in der Wutachschlucht .

Viel zu lange ist der Sommerurlaub schon wieder her. Doch für eine exotische Auszeit braucht es keine stundenlange Flugreise: Ein bisschen Dschungel, einen Tick Grand Canyon und ein Hauch Abenteuer, das macht die Wutachschlucht zum idealen Schauplatz für unsere heutige Familientour.

Ausgangspunkt ist der Wanderparkplatz Schattenmühle. Von dort führt eine rund fünf Kilometer lange Tour nach Boll, wo ein Wanderbus müde gewordene Ausflügler zurück bringt. Doch als Erstes steigen wir hinter dem Gasthaus Schattenmühle in die Schlucht ein. Zur Begrüßung warnt ein Schild vor Erdrutschen, Steinschlägen, Wegabbrüchen; zu Recht, wie wir später merken werden.

Über eine steile Natursteintreppe geht es hinab in die Schlucht, flankiert von einem üppigen, grünen Blättervorhang. Teils exotisch anmutende Pflanzen wachsen am Weg; wir entdecken Schachtelhalme, die aussehen wie grüne Staubwedel. Ohnehin ist die Schlucht bekannt für ihren Artenreichtum, was für die Pflanzen (viele Orchideen wachsen dort) wie auch die Tierwelt gilt mit Wanderfalken, Uhus und seltenen Schmetterlingen. So halten wir Augen, Ohren und Nasen offen ("riecht modrig hier", sind sich die beiden Söhne einig) und steigen über wurzelige Pfade und hölzerne Brücken immer tiefer hinein in die grüne Welt.

Unten rauscht leise die heute so gar nicht "wütende Ach". Doch dass sie auch ganz anders kann, hat sie im Februar 1990 bewiesen mit einer historischen Wassermarke von 3,22 Metern. Davon sind wir heute zum Glück weit entfernt, der Fluss begleitet uns mit sanftem Murmeln, friedlich wie ein zahnloser, alter Stubenkater. Auf der anderen Uferseite hat sich die Pestwurz mit ihren großen Blättern breit gemacht. Wir bewegen uns unter riesigen Bäumen mit bizarr-knorrigen Stämmen auf dunkelbraunerdigen Pfaden wie durch Urwald. Doch das täuscht, denn erdgeschichtlich ist die Wutachschlucht noch jung.

Ihre Geschichte begann nach der letzten Eiszeit, als das Schmelzwasser des höchsten Schwarzwaldbergs als Feldbergdonau nach Osten durchs heutige Donautal floss. Vor rund 15 000 Jahren wurde die Feldbergdonau dann von der Ur-Wutach angenagt. Wohl ein Hochwasser ließ die Wutach Richtung Süden überschwappen und in den Hochrhein fließen; mit so starkem Gefälle, dass sie sich tief in ihr neues Bett eingegraben hat. Schicht für Schicht türmen sich die hellen Felsen auf. Hätten wir einen Geologen dabei, könnte der anhand der zusammengepressten grauen, beigen und rötlichen Schichten jede Menge erklären, denn ganze 230 Millionen Jahre sind dort abgebildet.

"Guck mal Mama, ein tropfender Schwamm!" Der Jüngste deutet auf ein seltsames Gebilde am Wegesrand: Aus einem moosbewachsenen Felsen perlt ununterbrochen ein Wasservorhang hinab wie bei einem riesigen Wasserpilz im Schwimmbad. Ein Stück weiter gibt’s die nächste Überraschung, aber eine unangenehme: Laut Wegbeschreibung steht eine Flussüberquerung per Brücke an, doch kurz dahinter ist der Weg gesperrt. "Och nö, haben wir uns etwa verlaufen?", schnaubt der Zwölfjährige empört, während wir ratlos über der Karte brüten. Schließlich resignieren wir, packen die Karte weg und folgen einfach dem Schild, das uns 1,4 Kilometer bis Bad Boll anzeigt. Schade, der Wegabschnitt auf der anderen Flussseite gilt als besonders schön. Kurz darauf löst sich das Rätsel: Drüben ist ein ganzer Hang ins Rutschen geraten und es sieht aus, als hätte ein Riese gekegelt.

Schon bald haben wir Bad Boll erreicht, wo wir die Schlucht verlassen und nach nur zehnminütiger Busfahrt zurück sind von unserem exotischen Kurzurlaub direkt vor der Haustür. Schön war’s.

Weitere Infos: Wutachschlucht, von der Schattenmühle nach Boll, Länge: 5 Kilometer, etwa 265 Höhenmeter, Dauer: etwa 2 Stunden. Infos zum Wanderbus Linie 7259 unter http://mehr.bz/wuta
von Anita Fertl
am Fr, 22. September 2017

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