Im Zweitälerland

Wildbachtour Simonswald

Kinderfrei: Zwei Mamas auf Wildbachtour zum Hintereck.

Zu viel Arbeit und Stress im Büro, zu viel Alltag, zu viel Kinder-Organisations-Haushalts-Familienwahnsinn. Urlaub könnte ich brauchen, stöhnt die Freundin. Sollen wir uns nicht einfach mal ausklinken?, frage ich. Wir sollen, finden wir beide. Und so stehlen wir uns hinfort. Ohne Kinder. An einem Mittwoch. Feiern quasi das Bergfest einer straff durchgetakteten Woche mit einer Wanderung im Simonswälder Tal.

Die Warnung im Internet ist deutlich: Bei Nässe kann der Abstieg gefährlich rutschig sein! Die Wetter-App meldet zwar Sonnenschein, doch davor hat es seit Tagen geregnet. Die Wildbachtour, die wir eigentlich in Angriff nehmen wollen, ist mit elf Kilometern Länge und fast 700 Höhenmetern angegeben. Und mit steilen Passagen. Hm.

Wir entscheiden, auf Nummer Sicher zu gehen, wählen einen etwas anderen Streckenverlauf. Statt wie angegeben am Hohrain in Obersimonswald starten wir am Wanderparkplatz Herrengarten an der L 173. Der Haken: Ein paar hundert Meter müssen wir an der Landstraße entlang bergab, um auf die eigentliche Tour Richtung Vitenhof einzusteigen.

Die öde Teerpassage aber lohnt sich. Ab dem Vitenhof ebben die Geräusche des Autoverkehrs ab, der Weg zieht sich durch zartes Frühlingsgrün bergan. Wir plaudern, genießen das ungestörte Reden, kein Kind hat drängende Fragen.

Bald schon tauchen wir ein in die Teichschlucht. Das Rauschen des Baches wird lauter, unser Schwatzen aber verstummt. Sonnenstrahlen dringen wie lange Engelsfinger durchs Blättergewirr, kitzeln die dick bemoosten Felsen, über die das klare Wasser übermütig bergab zu springen scheint. Schweigend saugen wir alles in uns auf. Das würde den Kindern auch gefallen, meint irgendwann die eine. Ein richtiger Räuberwald, nickt die andere.

An Gumpen, mannshohen Felsen, Geröllfeldern und umgestürzten Bäumen im Bannwald zieht sich der Pfad in der enger werdenden Schlucht weiter bergauf. Unter einem riesigen Felsblock zweigen wir Richtung Hintereck ab. Irgendwann wird der Weg wieder breiter, sanfter, geht stellenweise ein wenig bergab, zwischendurch öffnet sich der Blick zur Platte mit ihren Windrädern. Durchschnaufen.

Mit jedem Schritt lassen wir den Alltag weiter zurück. Der Wald gibt uns frei. Die letzten hundert Höhenmeter ab der Deifelibrücke hoch zur Vesperhütte Hintereck haben es in sich. "Wer d’ Wäldersteig nuff got innere halbe Stund, der brucht no kei Dokter, d’ sell isch no gsund!" verkündet ein Holzschild launig am Wegesrand. Unser Ehrgeiz ist geweckt. Im Zick-Zack-Kurs schraubt sich der Pfad am Steilhang empor. Wir schnaufen, das Herz pumpt auf Hochtouren. Weit unter einer halben Stunde erreichen wir die urige Hintereckhütte – geschafft!

Lachend plumpsen wir auf eine der Bänke. Kein Streit unter Kindern entflammt, wer als Erster oben war, wer wo sitzen und überhaupt der Bestimmer sein darf. Welch’ eine herrliche Aussicht!

Für eine Weile genießen wir die Ruhe, unser Vesper und Trinken. Gestärkt beschließen wir, doch den steilen Abstieg über den Spitzen Stein zu wagen und bereuen es nicht. Was für ein spektakulärer Weg! Über Wurzeln, Steine, bemooste Felsen und lockeres Geröll geht es durch einen märchenhaft verwunschenen Wald. 300 Höhenmeter innerhalb eines Kilometers. Ein paar Rentner grüßen, die meiste Zeit aber haben wir den Wald, den Weg und die Wildnis für uns allein.

Viel zu früh endet der Abenteuerweg, wir treten hinaus aus dem dunklen Wald ins grelle Sonnenlicht, zurück in die Normalität. Unsere Abkürzung führt uns auf einem breiten Weg zurück zum Auto. Gut hat uns der Tag getan. Jetzt wollen wir nach Hause, haben den Kindern so viel zu erzählen. Ein letzter Kaffee, dann wird es Zeit. Wir werden wiederkommen – und nicht nur zu zweit.
von rov
am Di, 23. Mai 2017

INFO

Die offizielle Wildbachtour mit allen Beschreibungen findet sich unter:

http://mehr.bz/wild

Profil: 11 km,
670 Höhenmeter

Wichtig: Die Passage über den Spitzen Stein ist sehr steil und technisch anspruchsvoll. Wanderstiefel und Stöcke werden empfohlen; bei Nässe starke Rutschgefahr!

Tipp: Es gibt viele kürzere Streckenführungen, siehe Homepage.

Einkehr: Vesperhütte Hintereck, nur wochenends und feiertags geöffnet, http://www.hintereck.de  

Autor: rov

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