Ticket-Interview

X-Men-Regisseur Bryan Singer über Superhelden und Weltuntergangsszenarien

TICKET-INTERVIEW: Bryan Singer über ein Ende seiner "X-Men"- Filme und sein neues Jules-Verne-Projekt.

Vor genau 20 Jahren wurde Bryan Singer mit "Die üblichen Verdächtigen" als neues Wunderkind Hollywoods gefeiert. Vier Jahre später vertraute man ihm bereits 100 Millionen Dollar an, um Marvels "X-Men" aus der Taufe zu heben. Inzwischen ist daraus eine ganze Kinoserie geworden und meist hat Singer seine Finger im Spiel. Mit "X-Men: Apokalypse" kommt nun seine vierte Regiearbeit mit der Superhelden-Riege ins Kino. Markus Tschiedert traf den New Yorker in London.


Ticket:
Es heißt, "X-Men: Apokalypse" soll nun endgültig Ihr letzter Film in dieser Reihe sein.
Bryan Singer: Das stimmt so nicht! Ich werde nur als nächstes mit "20 000 Meilen unter dem Meer" einen völlig anderen Film machen. Ich will nicht nur an "X-Men" gebunden sein, aber ich liebe diese Welt viel zu sehr, um Aussagen zu treffen nie wieder damit zu tun haben zu wollen. Man weiß nie, was kommt. Ich bin etwa immer davon ausgegangen, dass ich niemals ein eigenes Kind haben werde, nun habe ich einen 15 Monate alten Sohn.
Ticket: Vor 16 Jahren kam Ihr erster "X-Men"-Film ins Kino. Haben Sie da schon davon geträumt, eine erfolgreiche Kinoserie zu machen?
Singer: Der Deal für den Film kam sogar schon vor 20 Jahren zustande, und ich hätte nie so weit zu träumen gewagt. Aber ich sprach schon damals mit Patrick Stewart und Ian McKellen über den Ursprung ihrer Figuren, was Jahre später zu einer verjüngten Version in "X-Men: Erste Entscheidung" führte.
Ticket: Im neuen Teil gehen Sie nochmal auf Magneto als Holocaustüberlebenden ein. Was bedeutet Ihnen diese Thematik als Jude?
Singer: Je älter ich werde, desto seltener stelle ich die Frage, wo Gott gewesen ist, als das alles passierte. Denn mein Gefühl für Religion ist doch sehr kompliziert. Aber die Szene ist wichtig, um die Figur von Magneto alias Erik Lehnsherr deutlicher zu machen. Ich selbst verlor durch den Holocaust zwar auch Familienangehörige, aber es waren entfernte Verwandte aus Polen. Erik indes verlor seine Familie, und zwar vor seinen Augen. Um seine Verzweiflung zu zeigen, spürte ich, dass ich ihn dahin zurückbringen muss, wo er gepeinigt wurde und schließlich zu seiner Kraft fand: Auschwitz.
Ticket: Ihr Schurke heißt diesmal Apokalypse, der mit seinem einflussreichen Charisma die Weltherrschaft anstrebt. Manche sehen darin einen Verweis auf die momentane politische Situation in den USA kurz vor der Wahl.
Singer: Als wir "X-Men: Apokalypse" angegangen sind, existierte der Wahlkampf um die Präsidentschaftskandidatur noch gar nicht. Apokalypse ist ein Produkt aus den Comics, mehr ein gefallener Gott als ein Politiker. Gleichwohl gehört seine Überredungskunst zu seinen größten Kräften. Er kann sogar jene für seine Zwecke beschwichtigen, die man als resistent einstufen würde.
Ticket: In einer Szene kämpfen zwei Mutanten in einer Arena zur DDR-Zeit in Ost-Berlin. War das Ihre Idee?
Singer: Die Idee mit dem Fight Club hatten andere, aber ich war fasziniert davon, das dann in der ehemaligen DDR spielen zu lassen. Denn während der Dreharbeiten zu "Operation Walküre" lebte ich in Ost-Berlin, und meine Mutter reiste noch durch ganz Deutschland inklusive DDR. Als Kind erzählte sie mir viel davon, weshalb ich auch Filme wie "Das Leben der anderen" sehr mag.
Ticket: Und wo haben Sie gedreht?
Singer: Komplett in Montreal – die Stadt diente also sowohl als Ostberlin als auch als Kairo.
Ticket: Was erwartet uns mit Ihrem bereits erwähnten Remake von "20 000 Meilen unter dem Meer"?
Singer: Darauf werde ich mich als nächstes konzentrieren. Ich liebe die Story von Jules Verne, werde aber noch einige Charaktere und dramaturgische Elemente hinzufügen. Es soll mehr eine Coming-of-Age-Story werden, was sicherlich damit zu tun hat, dass ich jetzt ein Kind habe und ich davon schon emotional sehr angezogen bin. Trotzdem soll es ein aufregender Science-Fiction-Film mit viel Action über und unter dem Meer werden.














von tsc
am Fr, 20. Mai 2016

Info

X-MEN: APOkALYPSE

Regie: Bryan Singer
Mit Michael Fassbender, James McAvoy, Jennifer Lawrence, Oscar Isaac, Nicholas Hoult u. a.
144 Minuten, frei ab 12 Jahren

Die Story:
Im alten Ägypten hat man Apokalypse (Isaac) wie einen Gott verehrt, doch seine Macht wurde gebrochen. 1983 erwacht er wieder zum Leben und will Menschen wie Mutanten unterjochen. Das muss Prof. X (McAvoy) mit seinen X-Men verhindern.  

Autor: tsc

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